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Elektrische Sicherheit: Auftraggeber- und Betreiberpflichten

Facility Management: Elektrische Sicherheit » Strategie » Betreiberverantwortung

Elektrische Sicherheit ist ein essenzieller Bestandteil des Facility Managements

Elektrische Sicherheit ist ein essenzieller Bestandteil des Facility Managements, der sowohl die Planung und Installation als auch den Betrieb und die regelmäßige Instandhaltung elektrischer Anlagen umfasst. Besonders im betrieblichen Kontext ist die Organisation des Betreibers von zentraler Bedeutung. Diese umfasst unter anderem die Bestellung verantwortlicher Elektrofachkräfte (VEFK), die Einführung eines Prüf- und Überwachungssystems sowie die Einhaltung umfangreicher rechtlicher und normativer Vorgaben.

Die Einhaltung nationaler und internationaler Normen, wie der DIN VDE 0100, der IEC 60364 oder der DGUV Vorschrift 3, bildet die Grundlage für die sichere Planung, den Betrieb und die Wartung elektrischer Anlagen. Gleichzeitig ist die Dokumentation aller Prüfungen, Schulungen und organisatorischen Maßnahmen entscheidend, um den Nachweis der Compliance jederzeit erbringen zu können. Die Herausforderungen liegen dann in der regelmäßigen Prüfung von Anlagen und Betriebsmitteln, der Integration moderner Technologien und der Schulung des Personals. Durch die Nutzung digitaler Überwachungssysteme, die Einführung eines lückenlosen Dokumentationsmanagements und die regelmäßige Anpassung an neue Normen können Betreiber diese Herausforderungen meistern.

Organisation des Betreibers: Rollen, Verantwortlichkeiten und Struktur

Gesamtverantwortung und organisatorische Struktur

  • Definition: Betreiber sind verpflichtet, eine klare organisatorische Struktur für die elektrische Sicherheit zu schaffen. Dies schließt die Benennung von Verantwortlichkeiten sowie die Implementierung eines rechtssicheren Systems ein.

Schlüsselrollen und Verantwortlichkeiten:

  • Gesamtverantwortliche Elektrofachkraft (gVEFK): Gesamtverantwortung für die elektrische Sicherheit im gesamten Betrieb.

  • Koordination und Überwachung der Einhaltung aller gesetzlichen und normativen Anforderungen.

  • Überprüfung und Freigabe von Instandhaltungsplänen und Gefährdungsbeurteilungen.

Bereichsverantwortliche Elektrofachkraft (bVEFK):

  • Bereichsverantwortung für den sicheren Betrieb und die Instandhaltung elektrischer Anlagen innerhalb eines klar definierten Zuständigkeitsbereichs.

  • Sicherstellung der Einhaltung aller relevanten Sicherheitsstandards und Vorschriften in ihrem Bereich.

  • Durchführung und Dokumentation von Prüfungen und Gefährdungsbeurteilungen gemäß DGUV Vorschrift 3 und BetrSichV.

  • Anleitung, Überwachung und Unterweisung der Elektrofachkräfte für festgelegte Tätigkeiten (EFKffT) in ihrem Bereich.

  • Zusammenarbeit mit der gVEFK zur Umsetzung betriebsübergreifender Sicherheitsmaßnahmen und -standards.

Elektrofachkraft für festgelegte Tätigkeiten (EFKffT):

  • Ausführung klar definierter Tätigkeiten unter Aufsicht einer VEFK.

  • Durchführung einfacher Wartungsarbeiten und Prüfungen gemäß festgelegten Anweisungen.

Dokumentation und Verantwortlichkeitsübertragung

  • Anforderungen: Erstellung eines detaillierten Organigramms mit klar definierten Zuständigkeiten.

  • Schriftliche Übertragung von Verantwortlichkeiten gemäß ArbSchG § 13 und DGUV Vorschrift 1.

  • Implementierung eines zentralen Dokumentationssystems für Prüfprotokolle, Schulungsunterlagen und Gefährdungsbeurteilungen.

  • Regelmäßige Überprüfung der Wirksamkeit der organisatorischen Maßnahmen durch interne und externe Audits.

Rechtliche Grundlagen:

  • DIN VDE 1000-10: Anforderungen an die Fach- und Führungsqualifikationen von Elektrofachkräften.

  • ArbSchG § 13: Übertragung von Unternehmerpflichten.

  • DIN ISO 45001: Managementsysteme für Sicherheit und Gesundheitsschutz.

  • DIN EN ISO 19011: Leitfaden für Audits von Managementsystemen.

Planung, Ausschreibung und Vergabe

  • Definition: Auftraggeber sind für die sicherheitsgerechte Planung und Ausschreibung elektrischer Anlagen verantwortlich. Dies umfasst die Auswahl geeigneter Fachbetriebe und die Einhaltung aller relevanten Normen und Standards.

Pflichten:

  • Erstellung eines umfassenden Lastenhefts mit spezifischen Anforderungen an die elektrische Sicherheit gemäß DIN VDE 0100-410 (Schutz gegen elektrischen Schlag).

  • Einbindung einer gVEFK oder eines Sachverständigen zur Bewertung der Planung.

  • Sicherstellung der Anwendung internationaler Standards wie IEC 60364 (Elektrische Anlagen von Gebäuden) und IEC 61439 (Schaltgerätekombinationen).

  • Berücksichtigung von Nachhaltigkeitsaspekten gemäß DIN EN ISO 50001 (Energiemanagement).

Rechtliche Grundlagen:

  • VOB/A: Vergabe- und Vertragsordnung.

  • DIN EN 50399: Bestimmung der Brandgefahr elektrischer Kabel.

  • Produktsicherheitsgesetz (ProdSG): Anforderungen an sichere Produkte.

Übergabe und Dokumentation

  • Anforderungen: Bereitstellung vollständiger technischer Dokumentationen, einschließlich Schaltplänen, Prüfprotokollen und Betriebsanleitungen.

  • Übergabe eines Prüfplans, der die zukünftigen Prüfintervalle gemäß DGUV Vorschrift 3 definiert.

  • Integration der Dokumentation in ein digitales Dokumentenmanagementsystem (DMS) gemäß DIN ISO 15489.

  • Berücksichtigung der Anforderungen an Revisionsunterlagen gemäß DIN EN 61439 und DIN EN 60204-1.

Rechtliche Grundlagen:

  • DIN VDE 0105-100: Betrieb elektrischer Anlagen.

  • DIN ISO 15489: Dokumentenmanagement.

  • DIN EN 61439: Anforderungen an Niederspannungs-Schaltgerätekombinationen.

Betrieb, Instandhaltung und Prüfmanagement

  • Definition: Betreiber müssen den sicheren Betrieb elektrischer Anlagen gewährleisten, regelmäßige Prüfungen durchführen und die Einhaltung von Sicherheitsstandards sicherstellen.

Pflichten:

  • Entwicklung und Umsetzung eines Instandhaltungsplans gemäß DIN EN 60364-6 (Prüfungen).

  • Nutzung digitaler Überwachungssysteme zur Zustandsüberwachung (Condition Monitoring).

  • Durchführung von Prüfungen ortsfester und ortsveränderlicher Geräte gemäß DGUV Vorschrift 3 in definierten Intervallen (z. B. 6 bis 12 Monate).

  • Sicherstellung, dass Prüfprotokolle revisionssicher dokumentiert und archiviert werden.

Rechtliche Grundlagen:

  • BetrSichV: Anforderungen an die Betriebssicherheit.

  • DIN EN 61557: Geräte für Schutzmaßnahmen-Prüfungen.

  • IEC 60204-1: Sicherheit von Maschinen.

  • DIN EN 50678: Verfahren zur Prüfung ortsfester elektrischer Betriebsmittel.

  • DIN EN 50699: Prüfungen von ortsveränderlichen elektrischen Betriebsmitteln.

Umgang mit privaten elektrischen Geräten

  • Anforderungen: Genehmigung privater Geräte durch die bVEFK vor deren Nutzung.

  • Durchführung von Sicherheitsprüfungen gemäß DGUV Vorschrift 3.

  • Erstellung eines zentralen Registers mit allen genehmigten Geräten, einschließlich Prüfprotokollen und nächster Prüftermine.

  • Schulung der Mitarbeiter über die sichere Nutzung privater Geräte im Betrieb.

Rechtliche Grundlagen:

  • DGUV Vorschrift 3: Anforderungen an elektrische Geräte.

  • DIN VDE 0701-0702: Wiederholungsprüfungen elektrischer Geräte.

Neubauten

  • Anforderungen: Planung und Installation elektrischer Anlagen gemäß neuesten Normen wie DIN VDE 0100, DIN 18015 und IEC 60364.

  • Integration moderner Schutztechnologien wie Fehlerlichtbogen-Schutzeinrichtungen (AFDD) gemäß DIN VDE 0100-420.

  • Erstellung eines umfassenden Prüf- und Wartungsplans für den zukünftigen Betrieb.

Bestandsanlagen

  • Anforderungen: Regelmäßige Überprüfung und Anpassung an aktuelle Sicherheitsstandards.

  • Dokumentation aller Änderungen gemäß DIN VDE 0105-100.

  • Austausch veralteter Anlagen, die nicht mehr den Anforderungen der BetrSichV genügen.

Rechtliche Grundlagen:

  • DIN VDE 0105-100: Betrieb elektrischer Anlagen.

Stärken:

  • Klare organisatorische Struktur durch gVEFK und bVEFK.

  • Nutzung internationaler Standards wie IEC 60364 und IEC 61439.

Schwächen:

  • Abhängigkeit von qualifiziertem Personal und externen Dienstleistern.

  • Hoher Dokumentationsaufwand.

Chancen:

  • Einsatz moderner Technologien wie IoT zur Überwachung elektrischer Anlagen.

  • Förderung durch staatliche Programme zur Modernisierung.

Risiken:

  • Sicherheitsrisiken durch veraltete Anlagen oder unzureichende Prüfungen.

  • Rechtsfolgen bei Nichteinhaltung gesetzlicher Vorgaben.