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Prüfung elektrischer Anlagen in einem Neubau

Facility Management: Elektrische Sicherheit » Strategie » Neubau

Prüfung elektrischer Anlagen in einem Neubau

Prüfung elektrischer Anlagen in einem Neubau

Die Prüfung elektrischer Anlagen in einem Neubau ist ein essenzieller Schritt, um den sicheren, normgerechten und störungsfreien Betrieb von Anfang an sicherzustellen. Sie umfasst neben der eigentlichen Erstprüfung (Abnahmeprüfung) auch begleitende Maßnahmen wie die Koordination mit dem Netzbetreiber, das Einhalten rechtlicher Vorschriften (z. B. DGUV V3) und die lückenlose Dokumentation. Eine ordnungsgemäß geprüfte Anlage schützt nicht nur Personen und Sachwerte, sondern erleichtert auch Haftungsfragen und die spätere Wartung. Sie stellt sicher, dass Personen, Gebäude und Geräte dauerhaft geschützt sind und alle gesetzlichen Anforderungen erfüllt werden. Zentrales Element ist die rechtzeitige schriftliche Bestätigung des Auftragnehmers, wonach die Anlage den Vorgaben der DGUV Vorschrift 3 bzw. § 5 (4) GUV 2.10 entspricht. Diese Erklärung, kombiniert mit einer umfassenden Erstprüfung (Sichtkontrolle, Erprobung, Messung) sowie einer sorgfältigen Dokumentation, bildet die Grundlage für eine rechtskonforme und sichere Abnahme. Wird diese Vorgehensweise konsequent eingehalten und um wiederkehrende Prüfungen ergänzt, profitieren Betreiber und Nutzer gleichermaßen von einer zuverlässigen und langlebigen elektrischen Anlage.

Gesetze und Verordnungen

  • Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV): Regelt in Deutschland die grundlegenden Anforderungen an Arbeitsmittel sowie die Betreiberpflichten in Bezug auf Sicherheit und Gesundheitsschutz.

  • Energiewirtschaftsgesetz (EnWG): Bestimmt die technischen Anforderungen und Rahmenbedingungen für Energieerzeugungs- und -versorgungsanlagen. Daraus leiten sich insbesondere Vorgaben für den Netzanschluss ab.

DGUV Vorschrift 3 / § 5 (4) GUV 2.10

  • DGUV Vorschrift 3: Beschreibt die Pflichten zur Prüfung elektrischer Anlagen und Betriebsmittel im Rahmen der Unfallverhütung. Sie legt u. a. fest, in welchen Intervallen und in welchem Umfang die Prüfungen erfolgen müssen.

  • § 5 (4) GUV 2.10: Gilt besonders im öffentlichen oder kommunalen Bereich (z. B. Schulen, Kitas) als ergänzende Vorschrift für sichere elektrische Anlagen.

Technische Normen (DIN VDE)

  • DIN VDE 0100: Enthält die grundlegenden Bestimmungen für das Errichten von Niederspannungsanlagen (z. B. VDE 0100-410: Schutz gegen elektrischen Schlag, VDE 0100-540: Erdung und Schutzleiter, VDE 0100-600: Prüfungen).

  • DIN VDE 0105-100: Regelt den Betrieb und die Wiederholungsprüfung elektrischer Anlagen.

  • Spezielle Normen: VDE 0100-701 (Bäder und Duschanlagen),

  • VDE 0100-710 (medizinisch genutzte Räume),

  • VDE 0100-722 (Ladeeinrichtungen für Elektrofahrzeuge),

  • VDE 0100-712 (Photovoltaikanlagen),

  • sowie weitere Normen für explosionsgefährdete Bereiche oder Überspannungsschutz (VDE 0100-443 / 534).

  • Bauherr / Betreiber: Trägt letztlich die Verantwortung für den sicheren Betrieb der elektrischen Anlage. Er sorgt dafür, dass die Anlage nur von Fachfirmen installiert und geprüft wird.

  • Auftragnehmer (Elektrofachbetrieb): Führt Installation und Erstprüfung (Abnahmeprüfung) durch und muss – rechtzeitig vor der Abnahme – schriftlich bestätigen, dass die elektrischen Anlagen und Betriebsmittel den Bestimmungen der DGUV Vorschrift 3 bzw. § 5 (4) GUV 2.10 entsprechen. Diese Erklärung ist Teil der Abnahmedokumente.

  • Prüfende Stelle: In vielen Fällen übernimmt der beauftragte Elektrofachbetrieb selbst die Erstprüfung. Bei komplexen oder sicherheitssensiblen Anlagen (z. B. in Krankenhäusern, industriellen Bereichen) kann ein unabhängiger, zugelassener Sachverständiger hinzugezogen werden.

Vorab-Bestätigung durch den Auftragnehmer

Eine oft vertraglich festgehaltene Verpflichtung besagt, dass der Auftragnehmer kurz vor der Bauabnahme eine schriftliche Erklärung abgibt, wonach die Anlage:

  • Den einschlägigen Normen und Regeln der Technik (insbesondere DIN VDE 0100) entspricht,

  • Den Vorschriften der Berufsgenossenschaften (DGUV V3 / GUV 2.10) genügt,

  • Frei von Mängeln ist und somit gefahrlos betrieben werden kann.

Diese Bestätigung hat nicht nur rechtlichen Charakter (z. B. Haftungsabsicherung), sondern belegt außerdem gegenüber Versicherern und Behörden die ordnungsgemäße Herstellung und Prüfung.

Planung und Vorbereitung

  • Dokumentation: Erstellen bzw. Zusammentragen aller relevanten Unterlagen (Stromlauf- und Lagepläne, Schaltpläne, Herstellerdokumentationen).

  • Zeitliche Koordination: Abstimmung mit anderen Gewerken (Heizung, Lüftung, Sanitär etc.) sowie frühzeitige Rücksprache mit dem Netzbetreiber zu den Technischen Anschlussbedingungen (TAB) und Zählereinbauten.

  • Fundamenterder und Erdungsanlage: Bei Neubauten nach DIN 18014 ist ein normgerechter Fundamenterder bzw. eine alternative Erdungsanlage unverzichtbar. Bereits hier müssen Messpunkte für spätere Prüfungen vorgesehen werden.

Prüfmethoden

  • Sichtprüfung: Kontrolle der Anlagenkomponenten auf sichtbare Mängel (z. B. Beschädigungen an Leitungen, falsche Querschnitte, fehlende Kennzeichnungen).

  • Überprüfung, ob Schaltschränke, Verteiler, Kabelwege und Durchführungen sauber und fachgerecht ausgeführt sind.

  • Erprobung: Funktionsprüfung aller Schutzeinrichtungen (z. B. Fehlerstromschutzschalter [RCD], Leitungsschutzschalter, Überlast- und Kurzschlussschutzeinrichtungen).

  • Test des Not-Aus-Systems, sofern vorhanden.

  • Messungen: Isolationswiderstand: Bestimmung der Isolationswiderstände aller Leiter untereinander und gegen Erde, um Kabelbeschädigungen oder Installationsfehler auszuschließen.

  • Schleifenimpedanz: Prüfung, ob die Abschaltbedingungen bei einem Fehlerfall (z. B. Kurzschluss) schnell genug erfüllt werden können.

  • Erdungs- und Schutzleiterwiderstand: Messung des Erdungswiderstands (Fundamenterder) und Durchgangsprüfung der Schutzleiter.

  • Auslösezeit der RCDs: Sicherstellung, dass Fehlerstromschutzschalter innerhalb der geforderten Zeit abschalten.

  • Bewertung und Freigabe: Zusammenfassung der Ergebnisse mit Beurteilung: „Prüfung bestanden“ oder „Mängel vorhanden“.

  • Ggf. Mängelliste erstellen und beseitigen lassen.

Ergänzende Aspekte

  • Überspannungsschutz: Nach VDE 0100-443 / 534 ist in vielen Neubauten ein Überspannungsschutz (SPD) vorzusehen. Dieser muss im Rahmen der Erstprüfung kontrolliert und auf korrekte Installation (z. B. Einhaltung Ableitwege, Koordination der SPD-Stufen) geprüft werden.

  • Spezielle Betriebsstätten: Feuchträume (z. B. Badezimmer nach VDE 0100-701): Besondere Schutzmaßnahmen wie Bereicheinteilung, Schutzpotentialausgleich.

  • Medizinisch genutzte Räume (VDE 0100-710): Erhöhte Anforderungen an Ausfallsicherheit und Berührungsspannung.

  • Explosionsgefährdete Bereiche: Zusätzliche Vorschriften nach Ex-Richtlinie bzw. VDE 0165.

  • Ortsveränderliche Betriebsmittel: Auch im Neubau bereits vorhandene oder eingesetzte Geräte (z. B. Werkzeuge, Verlängerungen) unterliegen den Prüfpflichten nach DGUV V3.

  • Kennzeichnung und Beschilderung: Elektrische Verteilungen, Hauptschalter und Stromkreise sind dauerhaft und eindeutig nach DIN VDE 0100-510 zu beschriften.

  • Warn- und Sicherheitsschilder in gefährdeten Bereichen (z. B. „Hochspannung Lebensgefahr“, „Explosionsgefährdet“) dürfen nicht fehlen.

  • CE-Kennzeichnung / Konformitätserklärung: Für Schalt- und Steuergerätekombinationen sowie Geräte gilt in der Regel die EU-Niederspannungs- und EMV-Richtlinie. Entsprechend ist auf die CE-Kennzeichnung und eine Konformitätserklärung zu achten.

Wiederholungsprüfungen und Betrieb

Auch nach erfolgreicher Erstprüfung darf die Anlage nicht sich selbst überlassen werden. Wiederkehrende Prüfungen stellen sicher, dass:

  • Verschleiß, Umbauten oder Beschädigungen rechtzeitig erkannt werden,

  • die Abschaltbedingungen und Schutzmaßnahmen weiterhin eingehalten werden,

  • die Dokumentation stets aktuell und vollständig bleibt.

Die Prüffristen richten sich in der Regel nach DGUV V3, DIN VDE 0105-100 und der Risikoabschätzung (z. B. Umgebungseinflüsse, Beanspruchung).

Dokumentation und Archivierung

  • Prüfprotokolle: Die Ergebnisse jeder Prüfung (Erst- und Wiederholungsprüfungen) werden in Protokollen festgehalten. Wichtige Inhalte sind: Messwerte, angewandte Normen, Identifikation der Anlagenteile, eventuelle Mängel und deren Beseitigung.

  • Bewahrungspflicht: Alle Unterlagen sollten über einen angemessenen Zeitraum archiviert werden (oft mindestens 10 Jahre). Bei späteren Umbauten dienen sie als wichtige Referenz.

Alle Unterlagen sollten über einen angemessenen Zeitraum archiviert werden (oft mindestens 10 Jahre). Bei späteren Umbauten dienen sie als wichtige Referenz.

Häufige Fehler und Risiken

  • Fehlende oder verspätete Bestätigung des Auftragnehmers: Wird die schriftliche Erklärung zur Erfüllung der DGUV V3 / GUV 2.10 nicht rechtzeitig vor Abnahme vorgelegt, bleiben wichtige Nachweise offen. Dies kann später zu Rechts- und Haftungsproblemen führen.

  • Unvollständige Planung und Koordination: Mangelnde Abstimmung mit anderen Gewerken oder dem Netzbetreiber (TAB) führt oft dazu, dass Prüfungen nur unter großem Zeitdruck oder unvollständig erfolgen können.

  • Unzureichende oder falsche Messungen: Werden Messungen fehlerhaft durchgeführt oder Messgeräte nicht kalibriert, kann dies zu falschen Prüfergebnissen und Sicherheitslücken führen.

  • Lückenhafte Dokumentation: Ohne lückenlos geführte Protokolle und Pläne ist es bei einem Defekt oder Schaden kaum möglich, die korrekte Errichtung und Wartung nachzuweisen.

  • Versäumte Wiederholungsprüfungen: Werden festgelegte Intervalle nicht eingehalten, kann dies nicht nur den Versicherungsschutz gefährden, sondern auch erhebliche Unfallrisiken bergen.