Elektrische Verlängerungs- und Anschlussleitungen
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Elektrische Verlängerungs- und Anschlussleitungen mit Steckvorrichtungen
Die wiederkehrende Prüfung elektrischer Verlängerungs- und Anschlussleitungen ist nach DGUV Vorschrift 3 und 4 eine zentrale Betreiberpflicht. Nur durch systematische Planung, Durchführung und Dokumentation aller Prüfungen lässt sich ein sicherer Betriebszustand gewährleisten. Ein strukturiertes Mängelmanagement (inklusive sofortigem Nutzungsverbot bei Defekten) ist dabei unerlässlich, um Gefahren für Personen und Anlagen zu minimieren.
Für das Facility Management bedeutet dies, dass ordnungsgemäße Prüfplanung, regelmäßige Dokumentation sowie Schulung der Nutzer nicht nur sicherheitstechnisch notwendig sind, sondern auch rechtliche Anforderungen erfüllen. Die konsequente Umsetzung schützt Mitarbeiter, vermeidet Betriebsunterbrechungen und reduziert Haftungsrisiken. Unterlassene oder fehlerhafte Prüfungen können zu Verstößen gegen Arbeitsschutzvorschriften, haftungsrechtlichen Konsequenzen, Bußgeldern und Problemen mit Versicherungen führen. Daher ist die Einhaltung dieser Vorgaben für einen störungsfreien und gesetzeskonformen Betrieb von höchster Bedeutung.
Ziel ist es, die elektrische Sicherheit zu gewährleisten, Brand- und Stromschlaggefahren zu verhindern, Haftungsrisiken zu minimieren und den zuverlässigen Betrieb der Anlage sicherzustellen. Die Inhalte dienen als Leitfaden für die Erstellung von Leistungsverzeichnissen und internen Betriebsvorschriften im Facility Management.
- Regulatorische
- Geltungsbereich
- Betreiberpflicht
- Prüfanforderungen
- Prüffristen
- Prüfprotokolle
- Mängelmanagement
- Überwachung
- Rollen
- Einbindung
- Benutzer
- Leistungsüberwachung
Regulatorische Grundlagen
Grundlage für die Prüfpflichten sind insbesondere die Unfallverhütungsvorschriften DGUV Vorschrift 3 („Elektrische Anlagen und Betriebsmittel“) sowie DGUV Vorschrift 4 („Elektrische Anlagen und Betriebsmittel in Einrichtungen des Gesundheitsdienstes und der Wohlfahrtspflege“). Nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 dieser Vorschriften müssen elektrische Anlagen und Betriebsmittel einschließlich ihrer Schutz- und Hilfseinrichtungen in festgelegten Zeitabständen wiederkehrend geprüft werden.
Tabelle 1 gibt einen Überblick über die relevanten Bestimmungen und ihre Anwendung im Facility Management:
Vorschrift | Paragraph | Verpflichtung | Anwendung im FM |
---|---|---|---|
DGUV V3 | § 5 Abs. 1 Nr. 2 | Sicherstellen der regelmäßigen Wiederholungsprüfung elektrischer Anlagen und Betriebsmittel (inkl. Schutz- und Hilfseinrichtungen) | Alle vom FM verwalteten Verlängerungs- und Anschlussleitungen |
DGUV V4 | § 5 Abs. 1 Nr. 2 | Sicherstellen der regelmäßigen Wiederholungsprüfung elektrischer Anlagen und Betriebsmittel (inkl. Schutz- und Hilfseinrichtungen) | Verlängerungs- und Anschlussleitungen in öffentlichen Einrichtungen (z.B. Schulen, Verwaltungen, Gesundheitswesen) |
Geltungsbereich
Als Verlängerungs- und Anschlussleitungen gelten ortsveränderliche Kabel und Kabelsätze mit Steckvorrichtungen, die zur Stromversorgung von Geräten dienen.
Dies umfasst tragbare Verlängerungskabel und Anschlussleitungen, die beispielsweise in folgenden Bereichen verwendet werden:
Büroumgebungen: Anschluss von PCs, Druckern und anderen Bürogeräten,
Werkstätten und Produktionshallen: Versorgung von Maschinen, Werkzeugen und Anlagen,
Temporäre Einsatzorte: Baustellen, Messen, Veranstaltungen oder sonstige zeitlich befristete Installationen.
Ebenfalls einbezogen sind Leitungen mit eingebauten Schutzeinrichtungen sowie zugehörige Hilfseinrichtungen. Dazu zählen beispielsweise integrierte Sicherungen und Fehlerstromschutzschalter (RCD) in Kabeltrommeln oder Verlängerungskabeln sowie Hilfsgeräte wie Mehrfachsteckdosen und Kabeltrommeln mit Steckvorrichtung.
Betreiberpflicht – Wiederkehrende Prüfpflicht
Der Betreiber ist verpflichtet, die wiederkehrenden Prüfungen der elektrischen Anlagen zu organisieren und sicherzustellen. Gemäß den DGUV-Vorschriften sind dazu alle elektrischen Verlängerungsleitungen und Geräteanschlussleitungen regelmäßig auf ihren sicheren Zustand zu prüfen.
Dies umfasst insbesondere:
Planung und Einhaltung von Prüffristen: Festlegung der Prüfintervalle auf Basis einer Gefährdungsbeurteilung; bei hoher Beanspruchung ggf. kürzere Intervalle.
Überprüfung der Schutzmaßnahmen: Sicherstellen, dass Funktionalität und Schutzwirkung (z.B. Funktion des Schutzleiters, Isolationswiderstand, Auslöseverhalten des RCD) stets gegeben sind.
Dokumentation der Prüfungsergebnisse: Lückenlose Erfassung aller Prüfungsergebnisse und festgestellten Mängel im Prüfprotokoll.
Qualifiziertes Personal: Durchführung der Prüfungen ausschließlich durch Elektrofachkräfte oder unter deren Leitung und Aufsicht.
Prüfanforderungen – Methoden und Normen
Die Prüfverfahren umfassen visuelle Inspektionen, messtechnische Kontrollen und Funktionstests. Vor jeder Inbetriebnahme sowie in festgelegten Abständen sind die Leitungen einer Sichtprüfung zu unterziehen. Dabei wird auf Beschädigungen der Isolierung, Bruchstellen, Verfärbungen oder andere Mängel geachtet. Anschließend erfolgen messtechnische Prüfungen mit kalibrierten Geräten (z.B. Prüfung des Schutzleiterwiderstands, Isolationswiderstands und korrekter Polung). Funktionstests unter Last (z.B. Betrieb unter Nennstrom) überprüfen die Zuverlässigkeit im praktischen Einsatz.
Tabelle 2 zeigt eine Übersicht der typischen Prüfarten, Inhalte, Prüfintervalle und der jeweils zuständigen Verantwortlichen:
Prüfart | Inhalte | Prüfintervall | Zuständig |
---|---|---|---|
Sichtprüfung | Zustand von Leitung, Stecker und Zugentlastung | Vor Inbetriebnahme sowie regelmäßig | Nutzer / FM-Personal |
Messtechnische Prüfung | Isolationswiderstand, Schutzleiterwiderstand, korrekte Anschlussleitung (Polung) | Gemäß Gefährdungsbeurteilung bzw. Planung | Elektrofachkraft |
Funktionstest | Betrieb unter Nennlast (z.B. mit angeschlossenem Verbraucher) | Regelmäßig laut Prüfplan | Elektrofachkraft |
Prüfung von Schutzgeräten | Auslösezeit und -strom von RCD, korrekte Sicherungswerte | Regelmäßig laut Prüfplan | Elektrofachkraft |
Prüffristen und Gefährdungsbeurteilung
Die Festlegung der Prüfintervalle erfolgt anhand einer Gefährdungsbeurteilung, die Betriebsumfeld, Einsatzhäufigkeit und potenzielle Gefahren berücksichtigt. In hochbelasteten Bereichen (z.B. Baustellen, Werkstätten) sind kürzere Intervalle vorzusehen, da hier eine höhere Fehlerwahrscheinlichkeit besteht. In Büroumgebungen mit geringer Belastung können die Intervalle deutlich länger sein.
Tabelle 3 gibt exemplarisch empfohlene Prüfintervalle je nach Umfeld an. Die tatsächlichen Fristen sollten stets den konkreten betrieblichen Bedingungen angepasst werden.
Umgebung | Typische Nutzung | Empfohlenes Prüfintervall |
---|---|---|
Büroarbeitsplätze | PCs, Drucker, Bürogeräte | 24 Monate |
Werkstätten und Produktionsbereiche | Werkzeuge, Maschinen | 12 Monate |
Baustellen und temporäre Versorgung (Events, Messen) | Baustromverteilungen, mobile Einrichtungen | 3–6 Monate |
Dokumentation und Prüfprotokolle
Der Betreiber muss ein Prüfprotokoll (oft auch Prüfbuch genannt) führen, in dem alle Prüfungen lückenlos dokumentiert werden. Dieses Protokoll enthält mindestens Datum und Art der Prüfung, Prüfergebnisse (Bestanden/Nicht bestanden, Messwerte), aufgetretene Mängel und die jeweils ergriffenen Maßnahmen (z.B. Reparatur oder Austausch) sowie die verantwortliche prüfende Person mit Qualifikationsnachweis. Die Dokumentation kann papierbasiert oder elektronisch (z.B. über CAFM-Systeme) erfolgen, vorausgesetzt, die Vollständigkeit und Nachvollziehbarkeit der Daten ist sichergestellt.
Tabelle 4 listet die wesentlichen Felder eines Prüfprotokolls auf:
Feld | Erforderliche Angaben |
---|---|
Anlagen-/Leitung-ID | Eindeutige Kennzeichnung des Prüfobjekts |
Standort | Ort der Verwendung bzw. Einsatzort |
Datum und Prüfart | Datum sowie Art der Prüfung (Erstprüfung, Wiederholung, Nachprüfung) |
Ergebnis | Bestehen/Nichtbestehen, Messwerte der Prüfungen |
Maßnahme | Beseitigungsschritte bei Befund (Reparatur, Austausch) |
Prüfer | Name und Qualifikation der prüfenden Elektrofachkraft |
Mängelmanagement und Nutzungsverbot
Werden im Rahmen der Prüfungen oder im laufenden Betrieb sicherheitsrelevante Mängel festgestellt, ist die betroffene Leitung sofort außer Betrieb zu nehmen. Das Kabel ist eindeutig als „Nicht verwenden“ oder ähnlich zu kennzeichnen und physisch vom Betrieb zu trennen, um die weitere Nutzung zu verhindern. Eine Reparatur oder Wiederinstandsetzung darf ausschließlich durch eine Elektrofachkraft erfolgen. Ist eine sichere Instandsetzung nicht möglich, muss das beschädigte Kabel ersetzt werden. Sämtliche Mängel und die eingeleiteten Maßnahmen sind im Prüfprotokoll zu vermerken.
Prüfung und Überwachung von Schutz- und Hilfseinrichtungen
In die Prüfungen sind auch Schutz- und Hilfseinrichtungen einzubeziehen. Hierzu zählen Kabeltrommeln, Mehrfachsteckdosen und Zwischenstecker mit integriertem Fehlerstromschutz (RCD). Bei RCD-Geräten ist insbesondere die Auslösefunktion zu prüfen (Auslösestrom und -zeit). Es ist sicherzustellen, dass die eingebaute Schutztechnik (z.B. Sicherungseinsätze) den Anforderungen entspricht und ordnungsgemäß funktioniert. Die Instandhaltung und Funktionstests dieser Komponenten müssen ebenfalls den Vorschriften entsprechen.
Rollen, Verantwortlichkeiten und Qualifikation
Der Betreiber ist letztlich rechtlich verantwortlich für die Einhaltung aller Prüf- und Dokumentationspflichten. Die Durchführung der fachlichen Prüfungen obliegt Elektrofachkräften. Mitarbeiter, die mit den Geräten arbeiten (elektrotechnisch unterwiesene Personen), sind für einfache tägliche Sichtkontrollen und das Melden von Schäden zuständig. Externe Dienstleister und Lieferanten sind vertraglich zu verpflichten, die DGUV-Vorschriften einzuhalten.
Einbindung in Facility-Management-Systeme
Für eine effiziente Verwaltung sollten Verlängerungs- und Anschlussleitungen als Assets in einem Facility-Management-System erfasst werden. Die Prüfergebnisse und -intervalle sind mit der Wartungsplanung zu verknüpfen, sodass automatisierte Erinnerung und Nachverfolgung möglich sind.
Typische Umsetzungspunkte sind:
Anlagenverzeichnis: Pflege aller Kabel und Leitungen mit eindeutiger Kennzeichnung im Inventar.
Verknüpfung mit Wartungsplänen: Automatisierte Terminerinnerung an anstehende Prüfungen (z.B. über CAFM).
Monitoring via KPIs: Erfassung von Kennzahlen wie Prüfquote oder Fehlerrate zur Qualitätssicherung.
Reporting: Regelmäßige Berichterstattung über den Status an Sicherheitsbeauftragte, interne Gremien oder Versicherer.
Schulung und Unterweisung der Benutzer
Die Mitarbeiter müssen im sicheren Umgang mit Verlängerungs- und Anschlussleitungen unterwiesen werden. Dabei sind typische Gefahren und Fehlanwendungen hervorzuheben, z.B.
Überlastung: Anschluss von Geräten mit zu hoher Stromaufnahme über das Kabel.
Aufrollen unter Last: Verwendung aufgerollter Kabel führt zu Überhitzung.
Beschädigung: Erkennen von Quetschungen, Schnittstellen oder abgeknickten Leitungen.
Feuchtigkeit: Gefahr bei Einsatz im Außenbereich oder in feuchten Umgebungen (Schutzarten beachten).
Leistungsüberwachung und Kennzahlen- Beispiele für solche KPIs sind in Tabelle 6 aufgeführt:
KPI | Zielwert | Auswertungsintervall |
---|---|---|
Anteil fristgerecht geprüfter Leitungen | ≥ 98 % | Quartalsweise |
Durchschnittliche Zeit zur Mängelbehebung | ≤ 7 Tage | Monatlich |
Anteil aus Sicherheitsgründen aussortierter Leitungen | ≤ 2 % | Jährlich |
Vollständigkeit der Dokumentation | 100 % | Fortlaufend |