Wichtige Schnittstellen im Bereich der Elektrotechnik und Arbeitssicherheit

Qualifikationsanforderungen sollten in enger Zusammenarbeit mit relevanten Normen und Vorschriften sowie den Bedürfnissen des Unternehmens entwickelt werden
Qualifikationen von Mitarbeitern sind ein wichtiger Faktor für die elektrische Sicherheit im Unternehmen. Es ist die Aufgabe des Unternehmens, sicherzustellen, dass Mitarbeiter über die erforderlichen Qualifikationen verfügen, um sicher mit elektrischen Anlagen und Geräten umzugehen. Qualifikationsanforderungen sollten in enger Zusammenarbeit mit relevanten Normen und Vorschriften sowie den Bedürfnissen des Unternehmens entwickelt werden.
Kompetenznachweis und Qualifikationsmanagement für elektrische Sicherheit
- Die Gesamtverantwortung
- Elektrofachkraft
- Elektrofachkraft für festgelegte Tätigkeiten
- Elektrotechnisch unterwiesene Person
- Qualifikation
- Ergänzungen
- Sicherheitsbeauftragte
- Verantwortliche Elektrofachkraft
- Bestellung / Beauftragung
Anlagenbetreiber
Die Gesamtverantwortung (24 Stunden am Tag, 7 Tage die Woche) über den sicheren Betrieb der elektrischen Anlage obliegt dem Anlagenbetreiber, der die Regeln und Randbedingungen der Organisation vorgibt. Diese Funktion kann zum Beispiel an den Eigentümer, Geschäftsführer oder Besitzer übertragen werden. Es ist auch möglich, eine gesonderte Person zu beauftragen, die die Unternehmerpflichten entsprechend wahrnimmt.
Der Begriff „Anlagenbetreiber“ soll die klare Trennung der Verantwortlichkeit aufzeigen:
Anlagenbetreiber → ordnungsgemäßer und sicherer Betrieb
Anlagenverantwortlicher → Sicherheit bei der Durchführung von Arbeiten mit Blick auf die jeweilige Arbeitsstelle
Das Amt des Anlagenbetreibers kann durch eine natürliche oder juristische Person wahrgenommen werden.
Anlagenverantwortlicher
Der Anlagenverantwortliche ist die Person, welche im Sinne von Pflichtenübertragung dazu beauftragt ist, die unmittelbare Verantwortung für den sicheren Betrieb der elektrischen Anlage für die Dauer der Arbeiten zu tragen.
Anmerkung zum Begriff:
Es obliegt der Pflicht des Anlagenverantwortlichen, die möglichen Auswirkungen der Arbeiten auf die elektrische Anlage oder Teile davon einerseits sowie die der elektrischen Anlage auf die Arbeitsstelle und die arbeitenden Personen andererseits zu beurteilen. Erforderlichenfalls können einige mit dieser Verantwortung einhergehenden Verpflichtungen auf andere Personen übertragen werden. Ebenso wie beim Anlagenbetreiber muss auch die Funktion des Anlagenverantwortlichen durch eine natürliche oder juristische Person wahrgenommen werden. Im Sinne der obigen Anmerkung ist die Qualifikation als Elektrofachkraft hierbei unabdingbar. Die Rolle des Anlagenverantwortlichen ist sowohl zeitlich als auch räumlich begrenzt, wobei für eine Anlage bzw. ein Anlagenteil immer nur ein Anlagenverantwortlicher zuständig sein kann. Der Anlagenverantwortliche übernimmt die sogenannte Verkehrssicherungspflicht. Er muss den sicheren Betrieb an der jeweiligen Arbeitsstelle sicherstellen und die vorherrschenden (Rand-)Bedingungen dem zuständigen Arbeitsverantwortlichen gegenüber kommunizieren.
Arbeitsverantwortlicher
Der Arbeitsverantwortliche ist die Person, die benannt ist, die unmittelbare Verantwortung für die Durchführung der Arbeit an der Arbeitsstelle zu tragen, vgl. DIN VDE 0105-100.
Anmerkung zum Begriff:
Erforderlichenfalls können einige mit dieser Verantwortung einhergehenden Verpflichtungen auf andere Personen übertragen werden. Auch die Funktion als Arbeitsverantwortlicher muss durch eine natürliche oder juristische Person wahrgenommen werden. Grundsätzlich obliegt diese Aufgabe einer Elektrofachkraft – je nach Art der Tätigkeit kann in Ausnahmefällen auch eine elektrotechnisch unterwiesene Person (euP) ausreichend sein. Hinsichtlich der Ausführung des Auftrags bzw. der Garantenpflicht ist der Arbeitsverantwortliche für die Arbeits- und Elektrosicherheit an der Arbeitsstelle sowie für die ihm zugeordneten Mitarbeiter zuständig.
Vom Anlagenverantwortlichen übernimmt er die Durchführungserlaubnis und erteilt seinem Mitarbeiter die Freigabe zur Arbeit. Nach Beendigung der Arbeiten erfolgt die Mitteilung und Rückgabe der arbeitsstellenbezogenen Maßnahmen des Arbeitsverantwortlichen an den Anlagenverantwortlichen, d.h. es erfolgt eine Gefahrenübergabe vom Arbeitsverantwortlichen auf den Anlagenverantwortlichen.
Elektrofachkräfte mit Spezialkenntnissen
Gewisse Tätigkeiten setzen ein vertiefendes Hintergrundwissen oder sogar Spezialkenntnisse der Elektrofachkraft voraus. Hier eine beispielhafte, aber nicht abschließende Auflistung:
Schaltbefähigung für Hochspannungsschaltanlagen, z. B. gemäß TAB Mittelspannung des VNBs bzw. VDE-AR-N 4110,
Arbeiten unter Spannung (unter anderem gemäß DGUV Regel 103-011 sowie VDE 0105-100),
Arbeiten in explosionsgefährdeten Bereichen (VDE 0165-1),
Prüfen von ortsfesten elektrischen Anlagen gemäß VDE 0100-600 in Verbindung mit VDE 0105-100/A1,
Prüfen von Blitzschutzanlagen als Blitzschutz-Fachkraft gemäß VDE 0185-305-3.
Alle Unterpunkte der Auflistung erfordern eine besondere Beachtung in Bezug auf den Erhalt und Ausbau der erforderlichen Fachkunde sowohl in theoretischer als auch in praktischer Hinsicht.
„(1) Der Arbeitgeber hat Fachkräfte für Arbeitssicherheit (Sicherheitsingenieure, -techniker, -meister) schriftlich zu bestellen und ihnen die in §6 genannten Aufgaben zu übertragen, soweit dies erforderlich ist im Hinblick auf
die Betriebsart und die damit für die Arbeitnehmer verbundenen Unfall- und Gesundheitsgefahren
die Zahl der beschäftigten Arbeitnehmer und die Zusammensetzung der Arbeitnehmerschaft,
die Betriebsorganisation, insbesondere im Hinblick auf die Zahl der und Art der für den Arbeitsschutz und die Unfallverhütung verantwortlichen Personen,
die Kenntnisse und die Schulung des Arbeitgebers oder der nach §13 Abs. 1 Nr. 1,2 oder 3 des Arbeitsschutzgesetzes verantwortlichen Personen in Frage des Arbeitsschutzes.
Weitere Schnittstelle zur Arbeitssicherheit
Gemäß dem Gesetz über Betriebsärzte, Sicherheitsingenieure und andere Fachkräfte für Arbeitssicherheit (ASiG) ergibt sich Folgendes:
2) Der Arbeitgeber hat dafür zu sorgen, dass die von ihm bestellten Fachkräfte für Arbeitssicherheit ihre Aufgaben erfüllen. Er hat sie bei der Erfüllung ihrer Aufgaben zu unterstützen; insbesondere ist er verpflichtet, ihnen, soweit dies zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlich ist, Hilfspersonal sowie Räume, Einrichtungen, Geräte und Mittel zur Verfügung zu stellen. Er hat sie über den Einsatz von Personen zu unterrichten, die mit einem befristeten Arbeitsvertrag beschäftigt oder ihm zur Arbeitsleistung überlassen sind.
(3) Der Arbeitgeber hat den Fachkräften für Arbeitssicherheit die zu Erfüllung ihrer Aufgaben erforderliche Fortbildung unter Berücksichtigung der betrieblichen Belange zu ermöglichen. Ist die Fachkraft für Arbeitssicherheit als Arbeitnehmer eingestellt, so ist sie für die Zeit der Fortbildung unter Fortentrichtung der Arbeitsvergütung von der Arbeit freizustellen. Die Kosten der Fortbildung trägt der Arbeitgeber. Ist die Fachkraft für Arbeitssicherheit nicht als Arbeitnehmer eingestellt, so ist sie für die Zeit der Fortbildung von der Erfüllung der ihr übertragenen Aufgabe freizustellen.“
§ 6 Aufgaben der Fachkräfte für Arbeitssicherheit
„Die Fachkräfte für Arbeitssicherheit haben die Aufgabe, den Arbeitgeber beim Arbeitsschutz und bei der Unfallverhütung in allen Fragen der Arbeitssicherheit einschließlich der menschengerechten Gestaltung der Arbeit zu unterstützen. Sie haben insbesondere:
1. den Arbeitgeber und die sonst für den Arbeitsschutz und die Unfallverhütung verantwortlichen Person zu beraten, insbesondere bei:
der Planung, Ausführung und Unterhaltung von Betriebsanlagen und von sozialen und sanitären Einrichtungen
der Beschaffung von technischen Arbeitsmitteln und der Arbeitsverfahren und Arbeitsstoffen
der Auswahl und Erprobung von Körperschutzmitteln
der Gestaltung der Arbeitsplätze, des Arbeitsablaufs, der Arbeitsumgebung und in sonstige Fragen der Ergonomie
der Beurteilung der Arbeitsbedingungen
2. die Betriebsanlagen und die technischen Arbeitsmittel insbesondere vor der Inbetriebnahme und Arbeitsverfahren insbesondere vor ihrer Einführung sicherheitstechnisch zu überprüfen,
3. die Durchführung des Arbeitsschutzes und der Unfallverhütung zu beobachten und im Zusammenhang damit:
die Arbeitsstätten in regelmäßigen Abständen zu begehen und festgestellte Mängel dem Arbeitgeber oder der sonst für den Arbeitsschutz und die Unfallverhütung verantwortlichen Person mitzuteilen, Maßnahmen zur Beseitigung dieser Mängel vorzuschlagen und auf deren Durchführung hinzuwirken
auf die Benutzung der Körperschutzmittel zu achten
Ursachen von Arbeitsunfällen zu untersuchen, die Untersuchungsergebnisse zu erfassen und auszuwerten und dem Arbeitgeber Maßnahmen zur Verfügung dieser Arbeitsunfälle vorzuschlagen
4. darauf hinzuwirken, dass sich alle im Betrieb Beschäftigten den Anforderungen des Arbeitsschutzes und der Unfallverhütung entsprechend verhalten, insbesondere sie über die Einrichtungen und Maßnahmen zur Abwendung dieser Gefahren zu belehren und bei der Schulung der Sicherheitsbeauftragten mitzuwirken.“
Elektrofachkraft Definition nach DGUV
Innerhalb der DGUV Vorschrift 3 wird die Elektrofachkraft wie folgt definiert: „Als Elektrofachkraft im Sinne dieser Unfallverhütungsvorschrift gilt, wer aufgrund seiner fachlichen Ausbildung, Kenntnisse und Erfahrungen sowie Kenntnis der einschlägigen Bestimmungen die ihm übertragenen Arbeiten beurteilen und mögliche Gefahren erkennen kann.“ Für Elektrofachkräfte sollte eine mindestens jährliche Sicherheitsunterweisung sowie Schulung zum Erhalt und Ausbau der erforderlichen Fachkunde (u. a. neue fachliche Vorschriften und Normen) erfolgen. Speziell letztere ist Voraussetzung, um den Berufsstatus „Elektrofachkraft“ zu erhalten, und damit von besonderer Bedeutung. Das Seminar bzw. die Unterweisung sollte mit einer entsprechenden Lernerfolgskontrolle abgeschlossen werden. Neben einer allgemeinen Unterweisung ist stets eine zusätzliche Vor-Ort-Einweisung (arbeitsplatzbezogene Unterweisung) erforderlich.
Elektrofachkraft für festgelegte Tätigkeiten
Gemäß DGUV Grundsatz 303-001 wird die Elektrofachkraft für festgelegte Tätigkeiten wie folgt definiert: „Elektrofachkraft für festgelegte Tätigkeiten ist, wer aufgrund seiner Ausbildung in Theorie und Praxis, Kenntnisse und Erfahrungen sowie Kenntnis der bei diesen Tätigkeiten zu beachtender Bestimmung die ihm übertragenen Arbeiten beurteilen und mögliche Gefahren erkennen kann.“ Ausbildungsumfang sowie Inhalte werden im DGUV Grundsatz 303-001 dargelegt. Darüber hinaus finden sich innerhalb der DGUV Vorschrift 3 zusätzliche Informationen zur Elektrofachkraft für festgelegte Tätigkeiten.
„Sollen Mitarbeiter, die die obigen Voraussetzungen nicht erfüllen, für festgelegte Tätigkeiten, z.B. nach § 5 Handwerksordnung, bei der Inbetriebnahme und Instandhaltung von elektrischen Betriebsmitteln eingesetzt werden, können diese durch eine entsprechende Ausbildung eine Qualifikation als ,Elektrofachkraft für festgelegte Tätigkeiten´ erreichen. Diese Qualifikation wird nicht als Nachweis der erforderlichen Kenntnisse und Fertigkeiten zur Erteilung der Ausübungsberechtigung gemäß § 7a Handwerksordnung angesehen.
Festgelegte Tätigkeiten sind gleichartige, sich wiederholende Arbeiten an Betriebsmitteln, die in einer Arbeitsanweisung beschrieben sind. In eigener Fachverantwortung dürfen nur solche festgelegten Tätigkeiten ausgeführt werden, für die die Ausbildung nachgewiesen ist.
Diese festgelegten Tätigkeiten dürfen nur in Anlagen mit Nennspannungen bis 1.000V AC bzw. 1.500V DC und grundsätzlich nur im freigeschalteten Zustand durchgeführt werden. Unter Spannung sind Fehlersuche und Feststellen der Spannungsfreiheit erlaubt. Die Ausbildung muss Theorie und Praxis umfassen. Die theoretische Ausbildung kann innerbetrieblich oder außerbetrieblich in Absprache mit dem Unternehmen erfolgen.
In der theoretischen Ausbildung müssen, zugeschnitten auf die festgelegten Tätigkeiten, die Kenntnisse der Elektrotechnik, die für das sichere und fachgerechte Durchführen dieser Tätigkeit erforderlich sind, vermittelt werden.
Die praktische Ausbildung muss an den in Frage kommenden Betriebsmitteln durchgeführt werden. Sie muss die Fertigkeiten vermitteln, mit denen die in der theoretischen Ausbildung erworbenen Kenntnisse für die festgelegten Tätigkeiten sicher angewendet werden können. Die Ausbildungsdauer muss ausreichend bemessen sein. Je nach Umfang der festgelegten Tätigkeiten kann eine Ausbildung über mehrere Monate erforderlich sein. Die Ausbildung entbindet den Geschäftsführer noch von seiner Führungsverantwortung. In jedem Fall hat er zu prüfen, ob die in der vorstehend genannten Ausbildung erworbenen Kenntnisse und Fertigkeiten für die festgelegten Tätigkeiten ausreichend sind.“
Elektrotechnisch unterwiesene Person
Gemäß VDE 0105-100 ergibt sich die folgende Definition: „Elektrotechnisch unterwiesene Person ist, wer durch eine Elektrofachkraft über die ihr übertragenen Aufgaben und die möglichen Gefahren bei unsachgemäßem Verhalten unterrichtet und erforderlichenfalls angelernt sowie über die notwendigen Schutzeinrichtungen und Schutzmaßnahmen unterwiesen wurde.“ Elektrotechnisch unterwiesene Personen arbeiten prinzipiell unter Leitung und Aufsicht einer Elektrofachkraft. Es wird jedoch nicht vorausgesetzt, dass eine Elektrofachkraft bei den Einsatzmöglichkeiten einer elektrotechnisch unterwiesenen Person grundsätzlich und kontinuierlich zugegen ist, vielmehr soll sie sich „in angemessenen Zeitabschnitten“ vom sicherheitsgerechten Arbeiten der elektrotechnisch unterwiesenen Person überzeugen. Eine konkrete Angabe, welcher Zeitabstand dabei als angemessen erachtet werden kann, existiert aktuell nicht. Es wird empfohlen, geeignete Intervalle anhand der Gefährdungsbeurteilung situativ festzulegen.
Befähigte Personen gemäß Betriebssicherheitsverordnung sowie TRBS 1203
Alle Arbeitsmittel müssen auf Grundlage der Betriebssicherheitsverordnung durch eine befähigte Person geprüft werden. Hierzu zählen auch elektrische Arbeitsmittel, z. B. ortsveränderliche elektrische Betriebsmittel. An diesen Personenkreis befähigter Personen werden gemäß TRBS 1203 im Grundsatz folgende Anforderungen gestellt:
Allgemeine Anforderungen an befähigte Personen
Auf Basis der durch die Berufsausbildung, Berufserfahrung und zeitnahe berufliche Tätigkeit erworbenen Fachkenntnisse muss ein zuverlässiges Verständnis sicherheitstechnischer Belange gegeben sein, damit Prüfungen ordnungsgemäß durchgeführt werden können. In Abhängigkeit von der Komplexität der Prüfaufgabe (Prüfumfang, Prüfart, Nutzung bestimmter Messgeräte) können die erforderlichen Fachkenntnisse variieren.
Berufsausbildung
Die befähigte Person muss über eine abgeschlossene Berufsausbildung verfügen, die es ermöglicht, ihre beruflichen Kenntnisse nachvollziehbar festzustellen. Als abgeschlossene Berufsausbildung gilt auch ein abgeschlossenes Studium. Die Feststellung soll auf Berufsabschlüssen oder vergleichbaren Qualifikationsnachweisen beruhen.
Berufserfahrung
Berufserfahrung setzt voraus, dass die befähigte Person eine nachgewiesene Zeit im Berufsleben zugebracht hat und mit den zu prüfenden vergleichbaren Arbeitsmitteln praktisch umgegangen ist sowie deren Funktions- und Betriebsweise im notwendigen Umfang kennt. Dabei wird vorausgesetzt, dass sie einerseits mit genügend Anlässen konfrontiert worden ist, die Prüfungen auslösen, z. B. im Ergebnis der Gefährdungsbeurteilung und aus arbeitstäglicher Beobachtung, und andererseits, dass sie durch die Teilnahme an Prüfungen von Arbeitsmitteln entsprechende Erfahrungen über die Durchführung dieser gesammelt und die erforderlichen Kenntnisse im Umgang mit Prüfmitteln sowie hinsichtlich der Bewertung von Prüfergebnissen erworben hat. Berufserfahrung schließt darüber hinaus die Fähigkeit ein, zum einen beurteilen zu können, ob ein vorgeschlagenes Prüfverfahren für die durchzuführende Prüfung des Arbeitsmittels geeignet ist sowie zum anderen, die Gefährdungen durch die Prüftätigkeit und das zu prüfende Arbeitsmittel zu erkennen.
Zeitnahe berufliche Tätigkeit
Eine zeitnahe berufliche Tätigkeit im Sinne von § 2 Abs. 7 BetrSichV umfasst eine Tätigkeit im Umfeld der anstehenden Prüfung des Prüfgegenstandes sowie eine angemessene Weiterbildung. Zur zeitnahen beruflichen Tätigkeit gehört die Durchführung von mehreren Prüfungen pro Jahr (Erhalt der Prüfpraxis). Bei einer längeren Unterbrechung der Prüftätigkeit müssen die notwendigen fachlichen Kenntnisse mittels neuerlicher Prüfungsteilnahme, ggf. durch die Teilnahme an Prüfungen Dritter, erneuert werden. Die befähigte Person muss über Kenntnisse zum Stand der Technik hinsichtlich des zu prüfenden Arbeitsmittels und der zu betrachtenden Gefährdungen verfügen und diese aufrechterhalten. Sie muss mit der Betriebssicherheitsverordnung und deren technischem Regelwerk sowie mit weiteren staatlichen Arbeitsschutzvorschriften für den betrieblichen Arbeitsschutz (z. B. ArbSchG, GefStoffV) und deren technischen Regelwerken sowie Vorschriften mit Anforderungen an die Beschaffenheit (z. B. ProdSG, einschlägige ProdSV), mit Regelungen der Unfallversicherungsträger und anderen Regelungen (z. B. Normen, anerkannte Prüfgrundsätze) soweit vertraut sein, dass sie den sicheren Zustand des Arbeitsmittels beurteilen kann.
Ergänzungen zum Anforderungsprofil für befähigte Personen zur Prüfung auf elektrische Sicherheit (elektrische Gefährdungen):
Berufsausbildung
Ergänzend muss die befähigte Person für die Prüfungen zum Schutz vor elektrischen Gefährdungen über eine abgeschlossene elektrotechnische Berufsausbildung (z. B. Elektroniker der Fachrichtungen Energie- und Gebäudetechnik, Automatisierungstechnik oder In formations- und Telekommunikationstechnik, Systemelektroniker, Informationselektroniker mit Schwerpunkt Bürosystemtechnik oder Geräte- und Systemtechnik, Elektroniker für Maschinen und Antriebstechnik sowie vergleichbare industrielle Ausbildungen), ein abgeschlossenes Studium der Elektrotechnik oder eine andere für die vorgesehenen Prüfaufgaben ausreichende elektrotechnische Qualifikation verfügen.
Berufserfahrung
Bezogen auf ihre Berufserfahrung muss die befähigte Person für die Prüfungen zum Schutz vor elektrischen Gefährdungen ergänzend eine mindestens einjährige Erfahrung mit der Errichtung, dem Zusammenbau oder der Instandhaltung von elektrischen Arbeitsmitteln oder Anlagen besitzen. Wer eine der oben genannten elektrotechnischen Berufsausbildungen aufweisen kann, verfügt in der Regel über die erforderliche Berufserfahrung für befähigte Personen für die Prüfungen zum Schutz vor elektrischen Gefährdungen im jeweiligen Tätigkeitsfeld.
Zeitnahe berufliche Tätigkeit
Die zur Prüfung befähigte Person steht in der Pflicht, ihre Kenntnisse der Elektrotechnik fortlaufend auf einem aktuellen Stand zu halten, z. B. durch die Teilnahme an Schulungen oder an einem einschlägigen Erfahrungsaustausch. Geeignete zeitnahe berufliche Tätigkeiten von befähigten Personen für die Prüfungen zum Schutz vor elektrischen Gefährdungen können z. B. sein:
§ 20 Bestellung und Aufgaben von Sicherheitsbeauftragten
„(1) In Unternehmen mit regelmäßig mehr als 20 Beschäftigten hat der Geschäftsführer unter Berücksichtigung der im Unternehmen bestehenden Verhältnisse hinsichtlich der Arbeitsbedingungen, der Arbeitsumgebung sowie der Arbeitsorganisation Sicherheitsbeauftragte in der erforderlichen Anzahl zu bestellen. Kriterien für die Anzahl der Sicherheitsbeauftragten sind:
Im Unternehmen bestehende Unfall- und Gesundheitsgefahren,
räumliche Nähe der zuständigen Sicherheitsbeauftragten zu den Beschäftigten,
zeitliche Nähe der zuständigen Sicherheitsbeauftragten zu den Beschäftigten,
fachliche Nähe der zuständigen Sicherheitsbeauftragten zu den Beschäftigten,
Anzahl der Beschäftigten.“
Da eine verantwortliche Elektrofachkraft über eine besondere Fachexpertise im Bereich der Elektrosicherheit verfügt, ist sie ein wichtiger Akteur und Informationsträger für die zuständige Sicherheitsfachkraft und die Sicherheitsbeauftragten. Mit Blick auf den Bereich des Arbeitsschutzes könnte man die verantwortliche Elektrofachkraft auch als „Sicherheitsfachkraft mit dem Schwerpunkt Elektrosicherheit“ bezeichnen.
Beurteilung
Um ihren aufbauorganisatorischen Pflichten in der Rolle als verantwortliche Elektrofachkraft gerecht zu werden, muss sie neben dem Kontakt zu Geschäftsführer und Linienvorgesetzten wichtige Schnittstellen aus den Bereichen Elektrotechnik und Arbeitssicherheit kennen und entsprechend mit Leben erfüllen. In Bezug auf Betrieb von elektrischen Anlagen gemäß VDE 0105-100 sind dies vor allem: Elektrofachkräfte, Elektrofachkräfte für festgelegte Tätigkeiten, elektrotechnisch unterwiesene Personen, Anlagenbetreiber, Anlagenverantwortliche und Arbeitsverantwortliche. Gewisse Tätigkeiten bedürfen eines vertiefenden Hintergrundwissens oder sogar Spezialkenntnisse der Elektrofachkraft. Die erforderliche Fachkunde sowohl in theoretischer als auch in praktischer Hinsicht ist zu halten bzw. auszubauen. Bei der Prüfung von elektrischen Arbeitsmitten (u. a. ortsveränderliche elektrische Betriebsmittel) hat die verantwortliche Elektrofachkraft auf eine ordnungsgemäße Umsetzung der Betriebssicherheitsverordnung mithilfe der TRBS 1203 zu achten. Darüber hinaus sind Sicherheitsfachkräfte bzw. Fachkräfte für Arbeitssicherheit und Sicherheitsbeauftragte zum Thema Elektrosicherheit wichtige Ansprechpartner für die verantwortliche Elektrofachkraft.
Aufgaben einer VEFK ohne weitere Umsetzungskompetenzen
Als Kooperationspartner für die Fachkraft für Arbeitssicherheit fungieren und in diesem Zusammenhang bei der Aufklärung von elektrischen (Beinahe-)Unfällen mitwirken. Aufgrund ihrer Tätigkeiten hat die vEFK naturgemäß ein hohes Interesse daran, Lehren aus Unfallsituationen zu ziehen. Es liegt daher nahe, dass sie auch an der Aufklärung dieser beteiligt wird. Sollten ihre vorhandenen Kenntnisse hierfür nicht ausreichen, kann sie die Fachexpertise anderer heranziehen.
Vorschriftenverfolgung sowie Kontrollfunktionen. Mittels Informationsvermittlung, Beobachtung, Kontrollausübung, Organisation und Dokumentation darauf hinwirken, dass Gesetze, Verordnungen, Regeln und Richtlinien (BG, Gesetzgeber, Unternehmen) der Elektrotechnik beachtet und umgesetzt werden.
(Projekt-)Unterstützung des Bereiches in Bezug auf die elektrotechnischen Sicherheitsmaßnahmen. Unterstützung und Beratung des Vorgesetzten bei der Umsetzung von elektrotechnischen Sicherheitsmaßnahmen (z.B. Wahl und Installation des korrekten RCDs (u. a. Typ A oder B) oder Festlegung, einen Prüfplatz mit vollständigem Berührungsschutz auszustatten).
Mitwirkung bei der Erstellung bzw. Aktualisierung (Empfehlung: jährlich, spätestens alle zwei Jahre) von Betriebs- und Arbeitsanweisungen aus dem Bereich der Elektrotechnik sowie möglicher interner Arbeitsschutzrichtlinien. Hierzu zählt beispielsweise die Arbeitsanweisung zum Arbeiten unter Spannung oder das Protokoll für die Durchführung von Schalthandlungen. Die Notwendigkeit zur Erneuerung kann sich ergeben aus Vorfällen oder Vorschriftenänderungen.
Organisation mehrerer vEFK. Sofern mehrere vEFK tätig sind, gilt es, die Zuständigkeiten und Bereiche zu definieren und auf einem aktuellen Stand zu halten (Dokumentation).
Unterstützung bei der Festlegung der notwendigen PSA und Schutzvorrichtungen im Bereich der Elektrotechnik. PSA und Schutzvorrichtungen sind entsprechend der Gefährdungsbeurteilung und Vorschriften auszuwählen.
Personalauswahl unter fachlichen Gesichtspunkten. Feststellung der fachlichen Eignung sowie Unterstützung bei der schriftlichen Bestellung von euPs, EFffT, EF und befähigten Personen gemäß BetrSichV.
Fremdmitarbeiter bzw. Fremdunternehmen beurteilen und überwachen. Feststellung der fachlichen Eignung von Fremdmitarbeitern bzw. Fremdunternehmen sowie Kontrolle von deren Tätigkeiten
Sicherheitsunterweisungen (elektrische Gefährdungen) durchführen oder organisieren. Unterstützung bei der Durchführung von Sicherheitsunterweisungen gemäß DGUV Vorschrift 1 (elektrische Gefährdungen) oder Organisation dieser.
Einweisung (arbeitsplatzbezogene Unterweisung). Unterstützung bei der Einweisung vor Ort von EF, EF T, euPs und befähigten Personen (auch Fremdmitarbeiter).
Beteiligung an Schulungsmaßnahmen zum Erhalt und Ausbau der erforderlichen Fachkunde. Unterstützung bei der Durchführung von Schulungsmaßnahmen zum Erhalt und Ausbau der erforderlichen Fachkunde für vEF, EF, EF T, euPs und befähigte Personen oder Organisation dieser (inklusive Festlegung der Schulungsinhalte).
Beteiligung an Gefährdungsbeurteilungen gemäß ArbSchG – Beurteilung der Arbeitsbedingungen. Unterstützung bei der Erstellung bzw. Aktualisierung von Gefährdungsbeurteilungen (Empfehlung: spätestens jährlich) gemäß ArbSchG (elektrische Gefährdungen).
Mitwirkung bei Gefährdungsbeurteilungen gemäß BetrSichV – für Arbeitsmittel. Unterstützung bei der Erstellung bzw. Aktualisierung von Gefährdungsbeurteilungen (Empfehlung: jährlich, spätestens alle zwei Jahre) gemäß BetrSichV für elektrische Arbeitsmittel (ortsfest und ortsveränderlich).
Unterstützung bei der Inbetriebnahme oder Fehlersuche. Unterstützung bei der Inbetriebnahme oder Fehlersuche von komplexen elektrischen Maschinen oder sensiblen Bereichen (z.B. Ex-Bereiche, Hochspannungsprüfplätze).
Prüfung der ortsfesten elektrischen Anlage. Organisation der Prüfung der ortsfesten elektrischen Anlagen u.a. gemäß ArbStättV bzw. DGUV Vorschrift 3, ggf. zusätzlich gemäß Sonderbaurecht oder VdS sowie Kontrolle und Bewertung der Prüfprotokolle und Dokumentation.
Prüfung elektrischer Arbeitsmittel. Organisation der Prüfung der elektrischen Arbeitsmittel (ortsfest und ortsveränderlich) gemäß BetrSichV sowie Kontrolle und Bewertung der Prüfprotokolle und Dokumentation.
Prüfung von komplexen elektrischen Maschinen oder sensiblen Bereichen. Organisation oder Durchführung der Prüfung von komplexen elektrischen Maschinen oder sensiblen Bereichen (z.B. Trafo-Stationen, Ex-Bereiche, Hochspannungsprüfplätze) sowie Kontrolle und Bewertung der Prüfprotokolle und Dokumentation.
Durchführung von elektrischen Spezialmessungen. Durchführung oder Aktualisierung von elektrischen Spezialmessungen, z.B. Netzanalysen gemäß EN 50160, Thermografie aufnahmen oder bei komplexen Fehleranalysen.
Organisation oder Durchführung von erforderlichen Netzberechnungen. Bei Bedarf Organisation, Durchführung oder Aktualisierung von erforderlichen Netzberechnungen (u.a. Lastfluss, Kurzschlussstrom, Selektivität) sowie Kontrolle und Bewertung der Berechnungsergebnisse und Dokumentation.
Fachlicher Ansprechpartner. Fachlicher Ansprechpartner für Geschäftsführung, Linienvorgesetzte, EF, EF T, euPs und befähigte Personen, Anlagen- und Arbeitsverantwortliche aus dem Bereich der Elektrotechnik.
(Quartalsmäßige) Berichterstellung. Berichterstellung zur Kommunikation an die Verantwortlichen
Bestellung / Beauftragung
Bezogen auf die Bestellung der verantwortlichen Elektrofachkraft enthält die VDE 1000-10 keinerlei Vorgaben über einzuhaltende Formalien (Schriftform etc.). Genau genommen verlangt die VDE 1000-10 noch nicht einmal eine Bestellung als solche. Das ist allerdings nur folgerichtig, denn (ausschließliches) Ziel der Norm ist es, die fachlichen Anforderungen zu regeln. Eine verantwortliche Elektrofachkraft könnte somit im Einklang mit den Vorgaben der VDE 1000-10 auch mündlich, quasi auf „Zuruf“ bestellt werden. Gleichwohl würde eine solche Bestellung den Zweck verfehlen, welcher mit der Bestellung einer verantwortlichen Elektrofachkraft erreicht werden soll.
Eine wirksame Übertragung der Aufgaben des Arbeitgebers aus dem ArbSchG auf eine fachkundige Person hat nach § 13 Abs. 2 ArbSchG nämlich schriftlich zu erfolgen. Rechtlich betrachtet bliebe also im Falle einer solchen „Eigentor“-Bestellung nach wie vor der Arbeitgeber selbst gemäß § 3 Abs. 1 ArbSchG verpflichtet, „... die erforderlichen Maßnahmen des Arbeitsschutzes ... zu treffen ...“. Die vorstehenden Ausführungen lassen die Schlussfolgerung zu, dass die Bestellung einer verantwortlichen Elektrofachkraft, die nicht schriftlich erfolgt, nicht den gesetzlichen Anforderungen des ArbSchG entspricht. Eine rechtliche Mitverantwortung für den Arbeitsschutz kann auch ohne den formalen Akt der (schriftlichen) Bestellung gegeben sein.
Was die Straf- und Schadensersatzhaftung betrifft, ist allein entscheidend, welche Aufgaben und Befugnisse durch den Arbeitgeber übertragen worden sind, nicht aber, in welcher Form dies erfolgt ist. Mit anderen Worten: Ein Arbeitnehmer kann haftungsrechtlich verantwortliche Elektrofachkraft sein, ohne dass er als solche formal bestellt und/oder bezeichnet wurde und unabhängig davon, ob er sich dessen bewusst ist.
Umgekehrt profitiert also auch die „potenzielle“ verantwortliche Elektrofachkraft von einer schriftlichen Bestellung, denn diese schafft Klarheit dahingehend, dass tatsächlich eine entsprechende rechtliche Mitverantwortung für den Arbeitsschutz besteht. Darüber hinaus ist die Unfallverhütungsvorschrift DGUV Vorschrift 1 „Grundsätze der Prävention“, § 13 „Pflichtenübertragung“, zu berücksichtigen: „Der Geschäftsführer kann zuverlässige und fachkundige Personen schriftlich damit beauftragen, ihm nach Unfallverhütungsvorschriften obliegende Aufgaben in eigener Verantwortung wahrzunehmen. Die Beauftragung muss den Verantwortungsbereich und Befugnisse festlegen und ist vom Beauftragten zu unterzeichnen. Eine Ausfertigung der Beauftragung ist ihm auszuhändigen.
Die durch den Arbeitgeber beabsichtigte schriftliche Beauftragung von zuverlässigen und fachkundigen Personen gemäß § 13 Abs. 2 ArbSchG setzt deren Einverständnis voraus. Eine einseitige Übertragung, die sich auf das Direktionsrecht des Unternehmers stützt, ist nicht möglich. Angesichts der Bedeutung der Übernahme von Unternehmerpflichten ist eine Zustimmung des Arbeitnehmers von der Sache her unabdingbar. Dies entspricht der herrschenden Meinung und ständigen Rechtsprechung zur Übertragung von Unternehmerpflichten.
Einsatzzeiten
In der betrieblichen Praxis taucht die Frage nach der erforderlichen Einsatzzeit für die Tätigkeit als verantwortliche Elektrofachkraft auf. Sowohl für den Geschäftsführer als auch für die beauftragte Person als Elektrofachkraft stellt diese Thematik eine wichtige organisatorische Information dar. Letztere muss nachweisen können, dass sie ihren Aufgaben gerecht wird. Wird die Funktion als Vollzeitstelle mit ca. 1.650 Stunden pro Jahr angesetzt, stellt sich die Frage, ob dies für eine ordnungsgemäße Ausübung inklusive der benötigen Schulungsmaßnahmen zum Erhalt und Ausbau der erforderlichen Fachkunde ausreichend ist.
Eine gesetzliche, berufsgenossenschaftliche oder normative Vorgabe zur Ermittlung der benötigten Einsatzzeit, wie z. B. bei einer Fachkraft für Arbeitssicherheit gemäß DGUV Vorschrift 2, existiert hierbei nicht.