Arbeitsmethoden in der Elektrotechnik

Arbeitsmethoden in der Elektrotechnik sind ein wichtiger Aspekt der elektrischen Sicherheit am Arbeitsplatz, der sorgfältige Planung und Ausführung erfordert
Arbeitsmethoden sollten auf der Grundlage einer sorgfältigen Risikoanalyse entwickelt werden, um sicherzustellen, dass alle relevanten Risiken abgedeckt sind. Arbeitsmethoden sollten regelmäßig überprüft und aktualisiert werden, um sicherzustellen, dass sie den aktuellen Standards und Vorschriften entsprechen und die Sicherheit der Mitarbeiter gewährleisten.
Arbeitsmethoden in der Elektrotechnik
- Tätigkeiten mit elektrischer Gefährdung
- Arbeiten in der Nähe unter Spannung stehender Teile
- Arbeiten unter Spannung
Tätigkeiten mit elektrischer Gefährdung
Tätigkeiten, bei denen die Möglichkeit einer elektrischen Gefährdung besteht, werden nach DIN VDE 0105-100 als Arbeiten definiert. Unabhängig, ob es sich um elektrotechnische oder nicht elektrotechnische Arbeiten handelt, sind diese Arbeiten von einer Elektrofachkraft oder unter Leitung und Aufsicht einer Elektrofachkraft durchzuführen.„Leitung und Aufsicht durch eine Elektrofachkraft sind alle Tätigkeiten, die erforderlich sind, damit Arbeiten an elektrischen Anlagen und Betriebsmitteln von Personen, die nicht die Kenntnisse einer Elektrofachkraft haben, sachgerecht und sicher durchgeführt werden können. Sachgerecht und sicher bedeutet, dass wirksame Maßnahmen gegen elektrischen Schlag und gegen die Folgen eines Kurzschlusses und eines Störlichtbogens getroffen werden.Vor Beginn der Arbeit haben sich der Arbeitsverantwortliche und der Anlagenverantwortliche über Ort, Zeitpunkt und Auswirkungen der Arbeit abzustimmen. Erst nach Erteilung der Durchführungserlaubnis durch den Anlagenverantwortlichen darf mit der Arbeit begonnen werden. Beispiele für nicht elektrotechnische Arbeiten: gärtnerische Tätigkeiten (z. B. Rasen mähen) in einer Freiluftumspannanlage; Anstricharbeiten in einem elektrischen Betriebsraum. Beispiele für elektrotechnische Arbeiten: Wartungsarbeiten an einem Transformator in einer Freiluftumspannanlage; Kabelanschlussarbeiten an einer Schaltanlage in einem elektrischen Betriebsraum. Elektrotechnische Arbeiten sind entweder im spannungsfreien Zustand unter Beachtung der Fünf Sicherheitsregeln durchzuführen oder sie sind unter den Bedingungen des Arbeitens unter Spannung für Arbeiten an aktiven Teilen gemäß VDE 0105-100, Abschnitt 6.3 und DGUV-Regel 103-011 auszuführen.
Die Fünf Sicherheitsregeln lauten:
Freischalten;
gegen Wiedereinschalten sichern;
Spannungsfreiheit feststellen;
Erden und Kurzschließen;
benachbarte, unter Spannung stehende Teile abdecken oder abschranken.
Sofern kein Risiko besteht, dass die Anlage durch Erzeugungsanlagen oder elektrische Beeinflussung unter Spannung gesetzt wird, kann in Niederspannungsanlagen auf die Anwendung der vierten Sicherheitsregel (Erden und Kurzschließen) gemäß DIN VDE 0105-100, Abschnitt 6.2.4.2 verzichtet werden.
Sofern sich spannungsführende Teile in der Nähe befinden, sind die Vorschriften für das Arbeiten in der Nähe unter Spannung stehender Teile (DIN VDE 0105-100, Abschnitt 6.4 und § 7 DGUV-Vorschrift 3 (vormals BGV A3)) einzuhalten.
Arbeiten in der Nähe unter Spannung stehender Teile
Arbeiten, bei denen der Arbeitende mit Körperteilen, Werkzeugen, Geräten oder Ausrüstung in die Annäherungszone eindringt, die Gefahrenzone aber nicht erreicht, sind gemäß DIN VDE 0105-100 Anhang A als Arbeiten in der Nähe unter Spannung stehender Teile definiert. Die Gefahrenzone ist dabei der „Bereich um unter Spannung stehende Teile, in dem beim Eindringen ohne Schutzmaßnahmen der zur Vermeidung einer elektrischen Gefahr erforderliche Schutzpegel nicht sichergestellt ist.“ Die Annäherungszone ist ein Sicherheitsbereich um die Gefahrenzone herum. In der Tabelle sind die Grenzen der Annäherungs- und Gefahrenzone in Abhängigkeit der Spannungsebene zusammengestellt.
Einer elektrischen Gefährdung beim Arbeiten in der Nähe unter Spannung stehender Teile ist entgegenzuwirken durch die Anwendung von Schutzvorrichtungen, Abdeckung, Kapselung oder isolierende Umhüllung nach DIN VDE 0105-100, Abschnitt 6.4.2. Bei der Auswahl der Schutzmittel ist die elektrische und mechanische Beanspruchung zu beachten. Ausgeführt werden dürfen die Arbeiten bei vollständigem Schutz auch von Laien. Ist der Schutz unvollständig, müssen Laien beaufsichtigt werden.
Eine andere Möglichkeit, der elektrischen Gefährdung entgegenzuwirken, ist die Methode durch Abstand und Aufsichtsführung nach DIN VDE 0105-100, Abschnitt 6.4.3. Bei dieser Methode sind die Arbeiten von Elektrofachkräften oder elektrotechnisch unterwiesenen Personen oder unter deren Aufsicht durchzuführen und Schutzabstände einzuhalten, die größer als die Grenzen der Gefahrenzone sind. Es ist eine Vorgehensweise festzulegen, mit der ausgeschlossen wird, dass die Gefahrenzone erreicht wird. Sofern mit sperrigen Gegenständen, Leitern oder Geräten gearbeitet wird, sind Vorkehrungen zu treffen, damit diese auch unter Berücksichtigung von Schwenkbereichen die Gefahrenzone nicht erreichen können. In Freiluftanlagen und in der Nähe von Freileitungen sind die Schutzabstände einzuhalten.
Für Bauarbeiten und andere nicht elektrotechnische Arbeiten, wie Gerüstbau, Arbeiten mit Hebezeugen, Baumaschinen und Fördermitteln, Montage- und Transportarbeiten, Anstrich- und Ausbesserungsarbeiten, sowie sonstigen Bewegungen von Geräten und Bauhilfsmitteln sind spezielle Schutzabstände festzulegen, die größer sein müssen als die Grenzen der Annäherungszone Diese Schutzabstände sind individuell in Abhängigkeit der Art der Arbeit und der örtlichen Gegebenheiten zu bestimmen. Bei nicht elektrotechnischen Arbeiten in Freiluftanlagen und in der Nähe von Freileitungen sind die Schutzabstände einzuhalten. Diese Schutzabstände dürfen nur unterschritten und durch die Angaben aus Tabelle 6.2 ersetzt werden, wenn die Arbeiten unter Beaufsichtigung einer in die Anlage eingewiesenen Elektrofachkraft oder elektrotechnisch unterwiesenen Person durchgeführt werden.
Arbeiten unter Spannung (AuS)
Arbeiten unter Spannung ist nach DIN VDE 0105-100 jede Arbeit, bei der eine Person bewusst mit Körperteilen oder Werkzeugen, Ausrüstungen oder Vorrichtungen unter Spannung stehende Teile berührt oder in die Gefahrenzone gelangt. Zum Schutz gegen elektrischen Schlag und den Auswirkungen eines Kurschlusses sind drei verschiedene Arbeitsmethoden anerkannt: Arbeiten auf Abstand (mit isolierenden Stangen), Arbeiten mit Isolierhandschuhen (und zusätzlich Isolierwerkzeugen sowie Standortisolierung), Arbeiten auf Potential (mit direkter Berührung aktiver Teile und Isolierung gegenüber der Umgebung).Es wird unterschieden zwischen Arbeiten, die keiner besonderen organisatorisch technischen Maßnahmen bedürfen und solchen Arbeiten, die ausschließlich von Personal mit Spezialausbildung unter besonderen technischen und organisatorischen Voraussetzungen durchgeführt werden dürfen. Arbeiten ohne besondere technisch organisatorische Maßnahmen sind solche mit geringem Kurzschlussstrom oder geringer Energie an der Arbeitsstelle oder unkomplizierte bzw. standardisierte Tätigkeiten mit geringer Gefahrenneigung.
Beispiele hierfür sind das Heranführen von Spannungsprüfern, Phasenvergleichern, Erdungs- und Kurzschließvorrichtungen, das Heranführen von Werkzeugen zum Bewegen leichtgängiger Teile mithilfe von Isolierstangen, das Anbringen von Isolierplatten und Abschrankungen, das Herausnehmen und Einsetzen von nicht gegen direktes Berühren geschützten Sicherungseinsätzen, die Funktionsprüfung an Geräten und Schaltungen, das standardisierte und bestimmungsgemäße Arbeiten an elektrischen Prüfanlagen.
Für alle anderen Arbeiten unter Spannung, wie Verbinden, Montieren, Ein- und Ausbauen, Gängig machen und Fetten, Abdecken und Reinigen, sind besondere technisch organisatorische Maßnahmen erforderlich.
Diese technisch-organisatorischen Maßnahmen zum Arbeiten unter Spannung (AuS) werden in DIN VDE 0105-100 und der DGUV-Regel 103-011 (vormals BGR A3) wie folgt vorgegeben:
Festlegung der erlaubten Arbeitsverfahren: Der Unternehmer hat unter Berück¬sichtigung einer Gefährdungsbeurteilung und den zur Verfügung stehenden Arbeitsverfahren festzulegen, welche Arbeiten unter Spannung erlaubt sind.
Erstellung von Arbeitsanweisungen: Für diese erlaubten Arbeiten unter Span¬nung hat der Unternehmer schriftliche Arbeitsanweisungen zu erstellen, in denen festgelegt ist, welche Maßnahmen und Arbeitsschritte in welcher Reihenfolge durchzuführen sind, welche persönliche Schutzausrüstungen, Schutz- und Hilfs¬mittel und welche Werkzeuge zu verwenden sind, welche Einsatzbedingungen und Ausschlusskriterien für das Arbeiten unter Spannung bestehen und ob eine zweite Person mit Erste-Hilfe-Ausbildung an der Arbeitsstelle anwesend sein muss. Ferner ist in der Arbeitsanweisung festzulegen, welche Arbeiten aufgrund ihrer Komplexität schriftlich anzuweisen sind.
Einsatz von spezialausgebildetem Personal: Es dürfen ausschließlich Elektro¬fachkräfte oder elektrotechnisch unterwiesene Personen mit Spezialausbildung eingesetzt werden, die gesundheitlich geeignet und in Erster Hilfe ausgebildet sind. Die gesundheitliche Eignung kann durch eine arbeitsmedizinische Vorsor¬geuntersuchung, z. B. gemäß G25, nachgewiesen werden.
Inhalt und Voraussetzung der Spezialausbildung: Die Spezialausbildung gliedert sich in einen theoretischen und praktischen Teil und ist mit einer Prüfung abzu¬schließen, deren Ergebnis zu dokumentieren ist. Die Berechtigung zum Arbeiten unter Spannung ist gesondert zu bestätigen, wobei erkennbar sein muss, für welche speziellen Arbeitsverfahren die Berechtigung erteilt wird. Voraussetzung für die Spezialausbildung ist ausreichende Berufserfahrung verbunden mit einer ausreichenden Beherrschung der Arbeitsverfahren im spannungslosen Zustand. Das Mindestalter für die Ausbildung beträgt 18 Jahre.
Grad der Befähigung zum AuS: Es dürfen nur die Elektrofachkräfte eingesetzt werden, die für die geplante Arbeit die geeignete Befähigung auf Grundlage der Spezialausbildung und eine spezielle Berechtigung besitzen. Die Befähigung zum AuS bezieht sich auf bestimmte Arbeitsverfahren. Eine generelle AuS- Befähigung gibt es nicht!
Unterweisungen und Wiederholungsschulung: Zum Erhalt der Berechtigung, unter Spannung arbeiten zu dürfen, ist eine jährliche Unterweisung vorgeschrieben.
Zusätzlich wird eine auf die betrieblichen Erfahrungen angepasste Wiederholung der Spezialausbildung nach vier Jahren empfohlen.
Anweisen des Arbeitens unter Spannung: Der Unternehmer hat dafür zu sorgen, dass ausschließlich Elektrofachkräfte das Arbeiten unter Spannung anweisen, die die Grundsätze des Arbeitens unter Spannung und den Grad der Befähigung des ausführenden Personals kennen.
Prüfung der Umgebungsbedingungen: Der Arbeitsverantwortliche hat vor Ort zu prüfen, ob die Umgebungsbedingungen das Arbeiten unter Spannung zulassen, bevor er die Arbeitsfreigabe erteilt.