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Die Verantwortung des Unternehmers und des Linienvorgesetzten

Drei Elektrotechniker ueberpruefen die Spannung auf einer elektrischen Schalttafeln mit einem Multimeter

Unternehmer und Linienvorgesetzte müssen sicherstellen, dass alle Mitarbeiter angemessen geschult und über die Risiken von elektrischen Geräten und Anlagen informiert sind

Die Verantwortung für elektrische Sicherheit liegt nicht nur bei den Mitarbeitern, sondern auch bei den Unternehmern und Linienvorgesetzten. Es ist wichtig, klare Richtlinien und Verfahren für die elektrische Sicherheit zu implementieren und sicherzustellen, dass sie von allen Mitarbeitern befolgt werden.

Verantwortungsvolle Führung: Richtlinien für Unternehmensführer und Linienmanager

Organisation und Delegation

Als Organisation bezeichnet man das Ergebnis des Organisierens. Organisieren wird immer dann notwendig, wenn von einem sozialen Gebilde (z. B. Unternehmen, Institution, Behörde) ein gemeinsames Ziel verfolgt werden soll, weil die Summe der einzelnen Aufgaben den Einzelnen überfordert und daher auf verschiedene Funktionsbereiche oder Stellen verteilt werden muss. Damit im Rahmen dieser Arbeitsteilung die verschiedenen Funktionsbereiche geordnet Zusammenwirken können, sind sie so zu strukturieren, dass sie gemeinsam möglichst effizient dem Ziel entgegensteuern. Insofern ist Organisation die formale Struktur eines sozialen Gebildes zur Koordinierung der Aktivitäten der einzelnen Mitglieder zur gemeinsamen Zielerreichung oder anders ausgedrückt eine „ Gruppe von Personen und Einrichtungen mit einem Gefüge von Verantwortungen, Befugnissen und Beziehungen“. Der Erfolg einer arbeitsteilig zusammenarbeitenden Gruppe steigt zunächst mit dem Grad der Organisation. Wenn jedoch ein bestimmtes Maß an Organisiertheit überschritten wird, kehrt sich dieser Effekt ins Gegenteil um und der Erfolg sinkt. Relevante Abläufe, Zuständigkeiten, Verantwortlichkeiten müssen geregelt sein, zu viele Regelungen hingegen ersticken Kreativität, Flexibilität und die Bereitschaft zu eigenverantwortlichem Handeln, verhindern Innovationen und führen insgesamt zu abnehmender Effizienz. Es ist also wichtig, beim Aufstellen von Regelungen und Vorschriften ein geeignetes Maß zwischen „zu wenig Organisation“ (Unterorganisation) und „zu viel Organisation“ (Überorganisation) zu finden. Gerade bei sicherheitsrelevanten Regelungen kann ein Übermaß an betrieblichen Vorschriften und Bürokratie den Blick fürs Wesentliche verstellen oder Akzeptanzprobleme hervorrufen und dadurch das Sicherheitsniveau herabsetzen.Das Ziel, um das es hier geht, ist der sichere Betrieb elektrischer Anlagen, bei dem es aufgrund der Sicherheitsrelevanz von ganz besonderer Bedeutung ist, dass geklärt wird, wer wann was zu tun hat und wo die Verantwortlichkeiten liegen. Die Pflicht zu dieser Klärung bezeichnet man als Organisations- oder Führungspflichten und lässt sich in die Teilpflichten „Auswählen“,, Anweisen“ und „Überwachen“ gliedern. Rechtlich ableiten lassen sich die Organisation und Führungspflichten „Auswählen“, „Anweisen“ und „Überwachen“ aus §§ 823, 831, 31 BGB.Aus § 823 BGB ergibt sich eine Schadensersatzpflicht für eine unerlaubte Handlung. Eine unerlaubte Handlung ist dabei eine vorsätzliche oder fahrlässige widerrechtliche Verletzung des Lebens, des Körpers, der Freiheit, des Eigentums, eines sonstigen Rechts oder der schuldhafte Verstoß gegen ein Gesetz, welches den Schutz eines anderen bezweckt.

Aus § 823 BGB hat sich die Pflicht zur Verkehrssicherung

Aus § 823 BGB hat sich die Pflicht zur Verkehrssicherung (Verkehrssicherungspflicht) entwickelt. Das bedeutet: „Derjenige, der in seinem Verantwortungsbereich eine Gefahrenlage gleich welcher Art für Dritte schafft oder andauern lässt, z. B. durch Eröffnung eines Verkehrs, Errichtung einer Anlage oder Übernahme einer Tätigkeit, die mit Gefahren für Rechtsgüter Dritter verbunden ist, hat Rücksicht auf diese Gefährdung zu nehmen und deshalb die allgemeine Rechtspflicht, diejenigen Vorkehrungen zu treffen, die erforderlich, und ihm zumutbar sind, um die Schädigung Dritter möglichst zu verhindern. “20 Oder kürzer ausgedrückt: Jemand, der in seinem Verantwortungsbereich Gefahrenquellen schafft oder bestehen lässt, muss alles Mögliche und zumutbare tun, um Schaden von Dritten abzuwenden. Nach § 831 BGB haftet ein Unternehmer (hier Geschäftsherr genannt) für den durch seinen Verrichtungsgehilfen einem Dritten widerrechtlich zugeführten Schaden. Verrichtungsgehilfe (in der Regel der Arbeitnehmer) ist dabei derjenige, dem der Geschäftsherr weisungsgebunden Tätigkeiten übertragen hat, über deren Art, Umfang und Inhalt der Geschäftsherr bestimmt. Der Geschäftsherr kann sich aber nach § 831 Abs. 1 Satz 1 BGB entlasten (exkulpieren), wenn er nachweisen kann, dass er den Verrichtungsgehilfen sorgfältig ausgewählt und überwacht hat. Analog zu § 31 BGB hat die Rechtsprechung einen Haftungsanspruch gegen ein Unternehmen entwickelt, der dann wirksam ist, wenn für relevante Aufgabengebiete keine Vertreter bestimmt sind, die erforderliche Maßnahmen durchführen und Entscheidungen treffen. Dieser Mangel in der Organisation kann zu einer Schadensersatzpflicht führen, deren sich das Unternehmen nicht nach § 831 BGB erwehren kann.21 Liegt also der Grund für einen Unfall oder Schadensfall in der nicht ordnungsgemäßen Wahrnehmung der sich aus §§ 823,831,31 BGB ergebenden Organisationspflichten, liegt ein sog. Organisationsverschulden vor, und das Unternehmen sowie natürliche Personen können zivilrechtlich haftbar gemacht werden.

Delegation

Darüber hinaus können natürliche Personen - und nur diese - vor dem Hintergrund der Delegation im Rahmen der Verantwortungsaddition strafrechtlich und ordnungswidrigkeitsrechtlich belangt werden. Werden in einer arbeitsteiligen hierarchischen Organisation Aufgaben, Zuständigkeiten, Kompetenzen übertragen sowie deren Abgrenzung voneinander festgelegt, so nennt man diese Delegation. Durch Delegation geht die Verantwortung für die ordnungsgemäße Erledigung der Aufgabe - also die Handlungsverantwortung als die unmittelbare Verantwortung für das Handeln und Unterlassen - an den Delegationsempfänger über, jedoch verbleibt stets eine Restverantwortung beim Delegierenden. Diese Restverantwortung ist die Führungsverantwortung, die durch die Erfüllung der Führungspflichten „Auswählen“, „Anweisen“ und „Überwachen“ wahrgenommen wird. Ein Vorgesetzter, der eine Aufgabe delegiert, trägt also immer eine Mitverantwortung für das Arbeitsergebnis. Oder anders ausgedrückt: Die Verantwortung für das Ergebnis einer Handlung oder eines Unterlassens addiert sich aus der Handlungsverantwortung der unmittelbar handelnden Person und der Führungsverantwortung des Vorgesetzten. Diese Verantwortungsaddition kann sich in Organisationen mit mehreren Führungsebenen durchaus aus einer Kette von Verantwortungsträgem, der sog. Verantwortungskette, zusammensetzen, die beispielsweise vom ausführenden Elektromonteur über den vorgesetzten Meister, den Abteilungsleiter bis zur Geschäftsführung reicht.22In diesem Zusammenhang sei auf die Vielzahl an Normen aus dem Ordnungswidrigkeiten-, Kern- und Nebenstrafrecht verwiesen, die Körperverletzungs- und Tötungsdelikte, Umweltdelikte, Arbeitsschutz usw. behandeln. Auf die folgenden Rechtsvorschriften sei besonders hingewiesen:

Nach § 9 OWiG (und auch § 14 StGB) der ordnungswidrigkeits- und strafrechtlich zurechenbare Personenkreis

Nach § 9 OWiG (und ebenso § 14 StGB) wird der Personenkreis, die ordnungswidrigkeits- und strafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden können, auf vertretungsberechtigte Organe, vertretungsberechtigte Gesellschafter, gesetzliche Vertreter, Betriebsleiter, Betriebsteilleiter und ausdrücklich beauftragte Personen ausgedehnt, auch wenn in den verschiedenen Rechtsnormen lediglich vom Unternehmer die Rede ist. Normadressat ist damit jede Führungskraft.Nach § 30 OWiG kann gegen eine juristische Person oder eine entsprechende Personenvereinigung ein Bußgeld verhängt werden, wenn ein Organ schuldhaft eine rechtswidrige Tat begangen hat.

Nach § 130 OWiG

werden Betriebs- und Unternehmensinhaber - und über § 9 OWiG auch andere Führungskräfte und verantwortliche Personen - mit Geldbuße und Strafe bedroht, die vorsätzlich oder fahrlässig die Aufsichtsmaßnahmen unterlassen, die erforderlich sind, um in dem Betrieb oder Unternehmen Zuwiderhandlungen gegen Pflichten zu verhindern, die den Inhaber treffen und deren Verletzung mit Strafe oder Geldbuße bedroht ist, wenn eine solche Zuwiderhandlung begangen wird, die durch gehörige Aufsicht verhindert oder wesentlich erschwert worden wäre. Zu den erforderlichen Aufsichtsmaßnahmen gehören auch die Bestellung sowie sorgfältige Auswahl und Überwachung von Aufsichtspersonen.Nach § 26 Abs.. 1 BetrSichV werden Arbeitgeber - und über § 9 OWiG auch andere Führungskräfte und verantwortliche Personen - mit Geldbuße bedroht, die nicht sicherstellen oder es fahrlässig unterlassen, dass Arbeitsmittel gemäß § 10 Abs. 1 bzw. § 10 Abs. 2 Satz 1 BetrSichV rechtzeitig geprüft oder im Bedarfsfall einer außerordentlichen Prüfung unterzogen werden.In § 13 StGB Abs. 1 heißt es: „ Wer es unterlässt, einen Erfolg abzuwenden, der zum Tatbestand eines Strafgesetzes gehört, ist nach diesem Gesetz nur dann strafbar, wenn er rechtlich dafür einzustehen hat, dass der Erfolg nicht eintritt, und wenn das Unterlassen der Verwirklichung des gesetzlichen Tatbestands durch ein Tun entspricht. “ Daraus hat sich der Begriff des Garanten entwickelt als jemand, der aufgrund seiner besonderen Stellung für den Schutz gefährdeter Rechtsgüter anderer verantwortlich ist und sich in diesem Zusammenhang durch Nicht-Handeln strafbar machen kann.23 Das bedeutet: „Unternehmer und Führungskräfte , garantieren ‘ kraft ihrer Stellung und ihrer Einflussmöglichkeiten im zugeteilten Aufgaben- und Verantwortungsbereich die Sicherheit der ihnen anvertrauten Mitarbeiter. Sie müssen alle ihnen mögliche Sicherungsmaßnahmen ergreifen (Führungspflichten erfüllen), um Gefahren von ihren Mitarbeitern abzuwenden. Eine Unterlassung der Garanten- (Führungs-) Pflichten kann zu straf- und haftungsrechtlichen Konsequenzen führen. Eine, Garantenstellung ‘ besteht auch dann, wenn Pflichten nicht ausdrücklich (schriftlich) übertragen worden sind. Auch aus einer bestimmten Situation heraus kann man, Garant1 werden (z. B. durch Schaffung eines besonderen Vertrauensverhältnisses, Gewährsübernahme, vorausgegangenes Handeln). “24Jemand, der als Garant hinsichtlich seines Tuns und Unterlassens die Führungspflichten „Auswählen“, „Anweisen“ und „Überwachen“ wahrzunehmen hat, wird auch als Schutzgarant bezeichnet. Abzugrenzen davon ist der sog. Überwachungsgarant, dem lediglich die Wahrnehmung der Führungspflicht „Überwachen“ zukommt und der dadurch eine eingeschränkte Garantenpflicht wahrzunehmen hat. Als Beispiel sei die Sicherheitsfachkraft genannt, die als reiner Überwachungsgarant in der Regel als Beauftragter keine Auswahl- oder Anweisungskompetenzen hat.

Die Führungspflichten

Die Führungspflichten „Auswählen“, „Anweisen“ und „Überwachen“ sind grundsätzlich nicht delegierbar. Das unterscheidet sie von anderen fachlichen Führungsaufgaben, z. B. Wahrnehmung der Verantwortung für ordnungsgemäße Instandhaltung einer Maschine.Das folgende einfache Beispiel soll veranschaulichen, wie ein Vorgesetzter im Rahmen der Garantenpflicht durch mangelhaft wahrgenommene Führungsaufgaben für einen Unfall (mit-)verantwortlich werden kann:Beispiel: Bei Reinigungsarbeiten an einer Schaltanlage kommt es zu einem Elektrounfall, weil die Fünf Sicherheitsregeln vom ausführenden und verunfallten Monteur nicht ordnungsgemäß angewendet worden sind. Die Handlungsverantwortung für die Nichtbeachtung der Fünf Sicherheitsregeln liegt nach erstem Hinsehen bei dem Monteur vor Ort. Ob diese Einschätzung auch nach genauerer Betrachtung bestehen bleibt, hängt von der Frage ab, in welchem Maß der oder die Vorgesetzten ihre Führungspflichten ordnungsgemäß erfüllt haben. Im Hinblick auf die Führungspflicht „Auswählen“ ist u. a. zu fragen: Verfügte der Monteur über eine geeignete Ausbildung und über die notwendige Erfahrung? War er gesundheitlich geeignet? War er evtl, bei Auftragserteilung übermüdet? Im Hinblick auf die Führungspflicht „Anweisen“ ist u. a. zu klären: Kannte der Monteur die Fünf Sicherheitsregeln überhaupt, und ist er in deren Anwendung regelmäßig unterwiesen worden? Ist dem Monteur die geplante Arbeit ausreichend erklärt worden? Ist er in die Besonderheiten der Schaltanlage eingewiesen und auf Gefahren hingewiesen worden? Hatte der Monteur die erforderlichen Schutzmittel zur Verfügung, und war er in deren Anwendung ausreichend geschult? Im Hinblick auf die Führungspflicht „Überwachen“ ist u. a. von besonderem Interesse: Hat sich der Vorgesetzte bei ähnlichen vorangegangenen Arbeiten - mindestens stichpunktartig - davon überzeugt, dass der Monteur die Fünf Sicherheitsregeln anwendet? Erst eine Bewertung der Antworten zu diesen Fragen erlaubt abschließend eine Aussage darüber, in welchem Maß die Verantwortung für den Unfall als Handlungsverantwortung beim ausführenden Monteur und im welchem Maß sie eher als mangelhaft wahrgenommen Führungsverantwortung bei Vorgesetzten liegt.

Verantwortung des Unternehmers bzw. Linienvorgesetzten

Die Vorschriften für Sicherheit und Gesundheitsschutz, welche die Arbeit im Bereich der Elektrotechnik betreffen, richten sich an die Geschäftsleitung bzw. die Linienvorgesetzten. Arbeitgeber, letztlich aber auch die Linienvorgesetzten tragen die Gesamtverantwortung dafür, dass die Beschäftigten sicher und gesundheitsverträglich arbeiten können. Die Geschäftsleitung hat alle erforderlichen Schutzmaßnahmen zu treffen, welche die Sicherheit und den Gesundheitsschutz der Arbeitnehmer gewährleisten.

Der Geschäftsleitung obliegt u. A. die Pflicht, den Arbeitsschutz im Bereich der Elektrotechnik in ihrem Betrieb zu organisieren. Hierfür bedarf es zunächst einer Festlegung der Aufgaben, die für die Sicherheit und den Gesundheitsschutz im Betrieb durchzuführen sind. Schwerpunkte bilden dabei die Verhütung von Arbeitsunfällen, Berufskrankheiten, arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren und die Gewährleistung von Erster Hilfe sowie Anweisungen für Notfälle.

Im Sinne der Aufbauorganisation im Bereich der Elektrotechnik übernimmt die sogenannte (gesamt- und zusätzlich bereichs-) verantwortliche Elektrofachkraft gemäß VDE 1000-10 eine wichtige fachliche Funktion. Gewisse Aufgaben kann die Geschäftsleitung unter Ausnutzung des Direktionsrecht delegieren (siehe u. a. § 13 ArbSchG). Bei der Übertragung von Unternehmerpflichten muss darauf geachtet werden, zuverlässige und fachkundige Personen zu beauftragen, diesen die erforderlichen Befugnisse zu erteilen und ausreichende Mittel (z. B. Zeit für die Tätigkeit als verantwortliche Elektrofachkraft sowie Budget) zur Verfügung zu stellen.

Werden externe Fachleute mit Aufgaben betraut, so muss die Geschäftsleitung deren Qualifikation ebenfalls prüfen. Die von der Geschäftsleitung oder dem Arbeitgeber bestellten Linienvorgesetzten übernehmen mit ihrer Position zugleich eine Fürsorgepflicht – hoffentlich mit Kenntnis der damit verbundenen Verantwortung.

Jede Führungskraft hat aufgrund ihrer „Garantenstellung“ gegenüber den Beschäftigten eine Mitverantwortung für deren Sicherheit und Gesundheitsschutz. Die Verantwortung eines Linienvorgesetzten wird durch die ihm zugewiesenen Befugnisse und finanziellen Mittel limitiert. Bei höheren Führungsebenen liegt der Schwerpunkt der Verantwortung im organisatorischen Bereich. Die direkte Führungskraft hingegen hat bei ihren Anordnungen an Beschäftigte zumindest zu beurteilen, ob Schutzmaßnahmen erforderlich und ausreichend sind sowie bei Bedarf Hinweise zur sicheren Ausführung der Tätigkeit zu erteilen.

Relevante Vorschriften/Normen:

  • SGB VII

  • ArbSchG

  • DGUV Vorschrift 1

  • VDE 1000-10

Bedeutung der Verantwortung einer verantwortlichen Elektrofachkraft (vEFK) gemäß VDE 1000-10

Die VDE 1000-10 ist eine Norm, eine Rechtsvorschrift ist sie jedoch nicht. Die Frage nach der rechtlichen Verantwortlichkeit richtet sich aber allein nach den Regelungen der entsprechenden Rechtsvorschriften. Die VDE-Gremien verfügen nicht über die Kompetenz, über Rechtsfragen zu entscheiden, zum Beispiel in Bezug auf die Verantwortlichkeit im rechtlichen Sinne. Dies betrifft die Verantwortlichkeit im Bereich der Arbeitssicherheit und die strafrechtliche Verantwortlichkeit (etwa bei einem Arbeitsunfall) gleichermaßen. Im Hinblick auf die Verantwortlichkeit im Bereich der Arbeitssicherheit ist unter anderem das Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) maßgebend. Daneben sind weitere Rechtsvorschriften zu berücksichtigen, darunter die Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV).

§ 3 ArbSchG lautet:

§ 3 Grundpflichten des Arbeitgebers

„(1) Der Arbeitgeber ist verpflichtet, die erforderlichen Maßnahmen des Arbeitsschutzes unter Berücksichtigung der Umstände zu treffen, die Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten bei der Arbeit beeinflussen. Er hat die Maßnahmen auf ihre Wirksamkeit zu überprüfen und erforderlichenfalls sich ändernden Gegebenheiten anzupassen. Dabei hat er eine Verbesserung von Sicherheit und Gesundheitsschutz der Beschäftigten anzustreben.“

Die Frage nach der rechtlichen Verantwortlichkeit bezüglich der Arbeitssicherheit ist damit gesetzlich eindeutig geregelt: Verantwortlich ist der Arbeitgeber. Die verantwortliche Elektrofachkraft tritt über § 13 Abs. 2 ArbSchG auf den Plan:

§ 13 Verantwortliche Personen

„(2) Der Arbeitgeber kann zuverlässig und fachkundige Personen schriftlich damit beauftragen, ihm obliegende Aufgaben nach diesem Gesetz in eigener Verantwortung wahrzunehmen.“

Als fachkundige Person kommt für den elektrotechnischen Bereich die verantwortliche Elektrofachkraft in Betracht. Zu beachten ist, dass nach dieser Vorschrift lediglich die Aufgaben durch den Arbeitgeber auf einen Dritten, z. B. auf die verantwortliche Elektrofachkraft, übertragen werden können, was zur Folge hat, dass der Arbeitgeber nicht mehr persönlich Sorge dafür tragen muss, dass die erforderlichen Maßnahmen im Sinne von § 3 Abs. 1 ArbSchG eingehalten werden.

Durch die Aufgabenübertragung ändern sich also lediglich Art und der Umfang dessen, was vom Arbeitgeber selbst durchzuführen ist. Dass § 13 Abs. 2 ArbSchG vorschreibt, dass die übertragenen Aufgaben in eigener Verantwortung durch die beauftragte Person (also z. B. die verantwortliche Elektrofachkraft) wahrzunehmen sind, steht hierzu in keinem Widerspruch. Mit dieser Festlegung wird lediglich zum Ausdruck gebracht, dass die beauftragte Person selbst und in eigener Verantwortung beurteilen muss, welche Maßnahmen erforderlich sind (= fachliche Verantwortung).

Je nach Reichweite der Aufgabenübertragung kann die eigene Verantwortung in diesem Sinne mit der Verantwortung über die Umsetzung der erforderlichen Maßnahmen gleichgesetzt werden (Veranlassung der Maßnahmen und Überwachung ihrer Durchführung bei Vorhandensein von eigenen Budgetmitteln). Die Erfüllung der ihr übertragenen Aufgaben durch die beauftragte Person ist sodann jedoch vom Arbeitgeber zu überwachen, sodass sich dieser letztlich für die Wahrung des Arbeitsschutzes verantwortlich zeichnet. Es sind hier für die entsprechenden Budgetmittel zur Verfügung zu stellen.

Die VDE 1000-10 trifft keine Aussagen darüber, welche Maßnahmen die verantwortliche Elektrofachkraft eigenverantwortlich ergreifen bzw. veranlassen darf. Folglich ist mit Verantwortlichkeit der verantwortlichen Elektrofachkraft nach VDE 1000-10 lediglich die Fach- und Aufsichtsverantwortlichkeit gemeint. Darüber hinaus ist eine verantwortliche Elektrofachkraft für die Umsetzung erforderlicher Maßnahmen – neben dem Arbeitgeber – lediglich (mit-)verantwortlich, wenn entsprechende „Umsetzungskompetenzen“ durch den Arbeitgeber übertragen worden sind. Diese ergeben sich jedoch nicht bereits aus der Bestellung zur verantwortlichen Elektrofachkraft. Aus der Fach- und Aufsichtsverantwortlichkeit der verantwortlichen Elektrofachkraft folgt zugleich, wofür sie haftet. Eine Straf- oder Schadensersatzhaftung kommt in Betracht, wenn die schuldhafte Verletzung ihrer Pflichten als verantwortliche Elektrofachkraft zu Personen- oder Sachschäden führt. Die Pflichtverletzung kann folglich sowohl ausfachlichen Fehlern als auch aus Verletzungen der Aufsichtspflicht resultieren.

Relevante Vorschriften/Normen:

  • Arbeitsschutzgesetz

  • DGUV Vorschrift 1

  • VDE 1000-10

Beurteilung:

Die wirksame Übertragung von Aufgaben des Arbeitgebers aus dem ArbSchG hat gemäß § 13 Abs. 2 ArbSchG schriftlich zu erfolgen. Erforderlich ist ein Dokument, welches von der Arbeitgeberseite eigenhändig unterschrieben und der beauftragten Person zugeleitet wird. § 13 DGUV Vorschrift 1 setzt für den Bereich der Unfallverhütungsvorschriften der gesetzlichen Unfallversicherung auch die Unterzeichnung durch den Arbeitnehmer bzw. der beauftragten Person voraus.

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